
Ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts Hamm sorgt für Aufsehen in der Versicherungsbranche. Am 4. April 2025 entschied das Gericht im Fall eines Klägers, der gegen einen Berufsunfähigkeitsversicherer geklagt hatte. Dieser war gegen den Willen des Versicherers, der dem Kunden vorwarf, gesundheitliche Informationen unvollständig gemacht zu haben, erfolgreich. Der Kläger wurde zur rückwirkenden Auszahlung einer Rentensumme von über 60.000 Euro sowie zur Befreiung von den Beiträgen verurteilt, wie pfefferminzia.de berichtet.
Im Mittelpunkt des Verfahrens standen zwei spezifische Fragen im Antragsformular, die der Kläger beide mit „nein“ beantwortet hatte. Die erste Frage (B4.2) bezog sich auf Untersuchungen oder Behandlungen der Atmungsorgane in den letzten fünf Jahren, während die zweite Frage (B4.9) Erkrankungen im Bereich der Wirbelsäule und Gelenke thematisierte. Der Versicherer führte an, der Kläger habe eine frühere Bronchitis und eine diagnostizierte Skoliose verschwiegen, was zur Anfechtung des Vertrages geführt habe.
Detailreiche Urteilsbegründung
Das Oberlandesgericht stellte fest, dass eine einmalige akute Bronchitis nicht unter die Fragestellung nach „wiederholten oder chronischen“ Erkrankungen falle. Darüber hinaus wurde die Erwähnung der Skoliose in einem Röntgenbefund aus dem Jahr 2006 als irrelevant erachtet, da innerhalb des fünfjährigen Abfragezeitraums keine Behandlung oder Beratung stattgefunden hatte. Dies zeigt, wie präzise und eng die Auslegung von Gesundheitsfragen im Rahmen der Berufsunfähigkeitsversicherung gehandhabt werden muss.
Ein weiterer Streitpunkt war die fristgerechte Benennung der Anfechtungsgründe durch den Versicherer. Das Gericht betonte, dass diese innerhalb der einjährigen Anfechtungsfrist gemäß Paragraf 124 BGB konkret dargelegt werden müssen. Der Versicherer hatte sich erst im Prozess auf vergangene Anträge berufen, was als verspätet eingestuft wurde. Rechtsanwalt Tobias Strübing kommentierte, dass das Urteil ein wichtiges Signal an Versicherungsnehmer sende, die Gesundheitsfragen sachgerecht auszufüllen, um späteren Interpretationen durch den Versicherer vorzubeugen, wie versicherungswirtschaft-heute.de ergänzt.
Insgesamt verdeutlicht das Urteil des OLG Hamm die Bedeutung klarer, wahrheitsgemäßer Antworten auf Gesundheitsfragen in Versicherungsanträgen. Versicherungsnehmer sollten sich der Verantwortung bewusst sein, die sie bei der Beantwortung solcher Fragen tragen, um rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.