
Deutschland ist in der jüngsten Vergangenheit als Hochburg für krankheitsbedingte Fehlzeiten aufgefallen. Eine aktuelle ZDF-Dokumentation unter dem Titel „Am Puls mit Mitri Sirin – Blaumacher-Republik Deutschland?“ beleuchtet die alarmierenden Zahlen und die damit verbundenen gesellschaftlichen Herausforderungen. Laut Focus liegt die durchschnittliche Anzahl der Krankheitstage pro Arbeitnehmer von 10,6 im Jahr 2018 auf nunmehr 14,8 Tage im Jahr 2024 gestiegen, was ansteigende psychische Belastungen und eine insgesamt ungesunde Arbeitskultur widerspiegelt.
In der Dokumentation kommt auch Trigema-Gründer Wolfgang Grupp zu Wort. Er schlägt eine Reduzierung der Lohnfortzahlung bei Krankheit auf 80 % vor, wodurch Unternehmen möglicherweise ermutigt werden, präventive Gesundheitsmaßnahmen zu ergreifen. Trigema in Burladingen, ein traditionsreiches Textilunternehmen, hat seit über 100 Jahren Erfahrung in der Branche und bietet bereits eine Reihe an Gesundheitsinitiatieven, einschließlich der Unterstützung mit einer Gesundheitsfrau und regelmäßigen Gymnastik. Gruppenleiterin Carola Huber und Betriebsrat Karl-Josef Schoser berichten von Anreizen wie einem 50 Euro Tank-Gutschein für Mitarbeiter mit wenigen Krankmeldungen, was den Krankenstand unter dem Bundesdurchschnitt hält.
Folgen von Fehlzeiten und Ansatzpunkte zur Verbesserung
Krankheitskosten stellen ein wachsendes Problem dar. Jährlich zahlen deutsche Unternehmen rund 77 Milliarden Euro für Lohnfortzahlungen. Gleichzeitig haben viele Arbeitnehmer Angst, sich krank zu melden, insbesondere in Berufen, in denen der Druck hoch ist. Ein Lieferfahrer aus Potsdam spricht offen über schlechte Arbeitsbedingungen, die dazu führen, dass Mitarbeiter häufig zögern, ihre Krankheit zu melden.
Des Weiteren gibt es Hinweise darauf, dass eine beträchtliche Anzahl von Arbeitnehmern, laut einem anonym bleibenden Mann, sich regelmäßig bis zu 28 Tage im Jahr krankschreiben lässt, ohne ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Konsequenzen. Dies wirft Fragen hinsichtlich der Unternehmenskultur auf und zeigt, dass viele Deutsche – rund 79 % – kein Verständnis für das sogenannte „Blaumachen“ haben.
Maßnahmen gegen das Krankenstandsproblem
Die Arbeitgebersicht ist ebenfalls wichtig. Arbeitgeber haben das Recht, im Krankheitsfall Maßnahmen zu ergreifen, um mit Fehlzeiten umzugehen. Die gesetzlichen Vorgaben schreiben vor, dass Mitarbeiter ihre Arbeitsunfähigkeit unverzüglich melden müssen und innerhalb von vier Tagen ein ärztliches Attest vorlegen. Maßnahmen zur Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz sind entscheidend, um Fehlzeiten zu minimieren. Dazu zählen unter anderem die ergonomische Gestaltung von Arbeitsplätzen, Bewegungsangebote und gesunde Verpflegung.
Ein betriebliches Gesundheitsmanagement kann gesundheitliche Risiken identifizieren und strategiegestützte Interventionen entwickeln. Arbeitgeber sollten präventive Gesundheitsprogramme unterstützen, um die Gesundheit ihrer Mitarbeiter zu fördern und die Produktivität zu steigern. Auch Rückkehrgespräche und graduelle Wiedereingliederung können hilfreich sein, um Langzeiterkrankten eine reibungslose Rückkehr zu ermöglichen. Hierbei können auch regelmäßige Gesundheitsuntersuchungen und Mitarbeiterschulungen zur Gesundheitsvorsorge sinnvoll sein, wie Kanzlei Herfurtner erläutert.
Insgesamt zeigt die ZDF-Dokumentation die komplexe Realität der Krankmeldungen in Deutschland auf und unterstreicht die Notwendigkeit von strukturellen Veränderungen – sowohl auf der Ebene der Unternehmen als auch in Bezug auf die Gesellschaft im Ganzen.