
Die neue Bundesregierung steht vor der Herausforderung, ihre China-Politik zu überarbeiten und zu verbessern. Jürgen Matthes, Leiter des Clusters Internationale Wirtschaftspolitik, Finanz- und Immobilienmärkte am Institut der deutschen Wirtschaft, hebt hervor, dass im Vergleich zur vorherigen Ampel-Regierung, die zwar eine solide Grundlage mit einer guten China-Strategie gelegt hat, jedoch kein konsequentes Follow-up stattgefunden hat. Der Koalitionsvertrag der neuen Regierung enthält zwar vielversprechende Ansätze, greift aber an entscheidenden Stellen zu kurz, wie Matthes kritisiert.
Ein zentraler Aspekt der neuen China-Strategie ist, dass die Ampel-Koalition, bestehend aus SPD, Grünen und FDP, die Beziehungen zu China nicht nur als partnerschaftlich, sondern auch wettbewerbsorientiert und in der Perspektive der Systemrivalität gestalten möchte. Zum ersten Mal wird auch die Taiwan-Frage in einem deutschen Koalitionsvertrag angesprochen. Die Bundesregierung plant, die Zusammenarbeit mit China auf Grundlage der Menschenrechte und des internationalen Rechts zu intensivieren, wobei besonders die Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang zur Sprache kommen werden.
Fokus auf Menschenrechte und Außenpolitik
Die Koalition fordert die Wiederherstellung des Prinzips „ein Land, zwei Systeme“ in Hongkong und thematisiert die aggressive Außenpolitik Chinas im Südchinesischen Meer. In Bezug auf Taiwan befürwortet die Ampel-Koalition eine friedliche Lösung des Status quo und unterstützt die Einbindung Taiwans in internationale Organisationen. Diese Ansätze sind Teil einer umfassenden Strategie, die eine klare Positionierung gegenüber den USA anstrebt, um transatlantische Abstimmungen in der China-Politik zu fördern.
Ein wichtiges Anliegen des Koalitionsvertrags ist die Vermeidung deutscher Alleingänge im Umgang mit China. Ein gemeinsames Vorgehen mit der EU soll sichergestellt werden, wobei das EU-China-Investitionsabkommen CAI offen bleibt und Reziprozität gefordert wird. Die künftige Regierung plant zudem, das Netz der Außenhandelskammern zu stärken und Übernahmen kritischer Infrastruktur durch ausländische Investoren auf mögliche Sicherheitsgefährdungen zu prüfen.
Kompetenzaufbau und europäische Initiativen
Ein weiteres Ziel ist der Ausbau der Asien- und China-Kompetenz in Deutschland. In diesem Zusammenhang wird die Infrastruktur-Initiative „Global Gateway“ der EU als direkte Konkurrenz zur chinesischen „Belt and Road Initiative“ hervorgehoben. Jörg Wuttke, Präsident der EU-Handelskammer in China, sieht im neuen Koalitionsvertrag eine Spiegelung der öffentlichen Meinung über China. David McAllister, CDU-Europapolitiker, betont zudem die Bedeutung einer starken deutschen Position innerhalb der neuen China-Strategie der EU.
Insgesamt zeigt sich, dass die Herausforderungen in der Außenpolitik gegenüber China groß sind. Die neue Bundesregierung hat das Potenzial, die bestehende Strategie zu verbessern und dabei die Sorgen um Menschenrechte und geopolitische Stabilität in ihren Fokus zu rücken. Es bleibt abzuwarten, wie effektiv die Bundesregierung die im Koalitionsvertrag skizzierten Ziele umsetzen kann und ob sie tatsächlich einen fundierten Kurswechsel herbeiführen wird. Für eine erfolgreiche China-Politik sind sowohl das Engagement auf europäischer als auch auf transatlantischer Ebene ausschlaggebend.