
Die russische Luftfahrt steht aufgrund westlicher Sanktionen vor enormen Herausforderungen. Sergej Alexandrowski, CEO von Aeroflot, fordert dringende Maßnahmen vom Kreml, um die heimische Flugzeugproduktion zu fördern. Er schlägt vor, die Anzahl der ausländischen Flugzeuge in Russland auf 50% zu begrenzen, um die Produktionskapazitäten der heimischen Industrie zu stärken. Der Hintergrund dieser Forderung ist die seit Kriegsbeginn eingestellte Lieferung von Flugzeugen und Ersatzteilen aus den USA und der EU. Die Aeroflot-Flotte besteht überwiegend aus ausländischen Maschinen von Airbus und Boeing, was die Situation weiter kompliziert.
Trotz der Pläne, bis 2030 über 1000 zivile Flugzeuge zu bauen, blieb die tatsächliche Produktion der letzten drei Jahre einstellig. Dies zeigt das Ausmaß der Schwierigkeiten, mit denen Russland in der Luftfahrtindustrie konfrontiert ist. Zudem darf Aeroflot nur eingeschränkt internationale Flüge durchführen, da Flugverbote und Sanktionen seitens westlicher Länder verhängt wurden. Um diese Herausforderungen zu umgehen, nutzen russische Airlines ihre Flugzeuge vornehmlich für Inlandsflüge.
Reaktionen auf die Sanktionen
Die europäische Kommission verschärft die Sanktionen gegen die russische Luftfahrt und hat festgelegt, dass Airlines aus Drittländern die EU nicht anfliegen dürfen, wenn sie Flüge nach Russland durchführen. In der Praxis hat dies zur Folge, dass viele russische Airlines Schwierigkeiten haben, international zu operieren. Zudem hat Russland zahlreiche Flugzeuge aus dem Westen gemietet und diese nach Kriegsbeginn ins russische Register übertragen, um Rückgaben zu erschweren. Dies verstoße gegen die international geltende Chicago-Convention, die Regeln für die zivile Luftfahrt festlegt, wie fr.de berichtet.
Ein weiteres gravierendes Problem ist die Sicherheit in der Luftfahrt. Ein interner Bericht bei Aeroflot legt nahe, dass die Fluggesellschaft sicherheitsrelevante Mängel ignoriert, um Flugzeuge am Boden zu vermeiden. Dies geschieht, indem Kabinenpersonal Mängel nur nach Abstimmung mit den Piloten dokumentieren darf. Vor dem Krieg musste jede Abweichung schriftlich festgehalten und eskaliert werden, was nun nicht mehr gegeben ist. Aeroflot hat die Vorwürfe als gefälscht zurückgewiesen, doch das Management muss sich mit der Kritik auseinandersetzen, dass diese Praxis die Sicherheit der Passagiere gefährden könnte, wie n-tv.de berichtet.
Materialmangel und kreative Lösungen
Der Materialmangel betrifft vor allem Flugzeuge von Boeing und Airbus, da westlichen Unternehmen die Lieferung von Ersatzteilen untersagt ist. Zwei Drittel der zivilen Maschinen in Russland stammen von westlichen Herstellern. Russlands Airlines versuchen, diesen Engpass durch das Auschlachten von Flugzeugen zu umschiffen und Ersatzteile über Drittländer zu beschaffen. Trotz des Embargos haben Berichte gezeigt, dass tausende Ersatzteile weiterhin nach Russland gelangen, oft über obskure Kanäle und Netzwerke.
Die Lage ist angespannt: Zwischen Sommer 2021 und Sommer 2022 sank die Zahl der eingesetzten kleineren Maschinen um 16%, während größere Langstreckenflugzeuge sogar um 40% weniger in Betrieb sind. Dies führt zu einem Rückgang der internationalen Flugaktivitäten. Aktuelle Daten von Cirium zeigen, dass diesen Monat Zehntausende Flüge über Russland durchgeführt wurden, wobei mehr als die Hälfte von russischen Airlines stammt. Die Situation in der russischen Luftfahrt bleibt also kritisch und erfordert dringend Lösungen und Interventionen von staatlicher Seite, um die Branche zu stabilisieren.