Die Börsenweisheit „Sell in May and go away – but remember to come back in September“ scheint auf den ersten Blick verlockend einfach zu sein, da sie Anlegern nahelegt, im Mai zu verkaufen und im September zurückzukehren. Doch basierend auf den Untersuchungen von Deutsche Bank-Stratege Maximilian Uleer und seinem Team zeigt sich, dass diese Strategie nicht immer erfolgreich ist. Eine Analyse des Stoxx Europe 600 Net Total Return zwischen September und Mai ergab, dass in 23 von 37 Jahren Anleger mit dieser Taktik schlechter abschnitten als jene, die einfach an ihren Aktien festhielten.
Die statistische Auswertung legt nahe, dass das bessere Abschneiden der „Verkauf im Mai“-Strategie auf außergewöhnlich gute Börsenjahre wie 1989, 2001 und 2002 zurückzuführen ist. Ein Ausschluss dieser Jahre würde das Ergebnis bereits verändern. Zudem lässt sich die Weisheit nicht ohne Weiteres auf den US-Markt übertragen, da eine Investition in den S&P 500 seit 1973 bessere Ergebnisse erzielt hätte als das strikte Befolgen der traditionellen Regel.
Trotz der aktuell hohen Inflation in den Vereinigten Staaten zögerte die Fed noch mit einer Zinserhöhung. Anleger bleiben daher in Unsicherheit, ob und wann Zinssenkungen tatsächlich eintreten könnten. Die Eurozone zeigt ebenfalls Anzeichen von Inflation, doch die Preisdruckentwicklung begrenzt die möglichen Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank. Experten deuten darauf hin, dass eine Senkung im Juni wahrscheinlich ist, weitere Maßnahmen aber unwahrscheinlich erscheinen.
Die Zinsunsicherheiten haben die europäischen Börsen in dieser Woche in eine leichte Richtungslosigkeit geführt. Der DAX schloss knapp unter der 18.000-Punkte-Marke, während der Euro Stoxx 50 auf Wochensicht leicht sank. Angesichts dieser Marktunsicherheiten könnte es sinnvoller sein, vor einem Verkauf zuerst die Zinsentwicklungen abzuwarten, als sich ausschließlich auf historische Börsenweisheiten zu verlassen.