
Ein entscheidendes Treffen zur Bekämpfung der globalen Plastikverschmutzung steht kurz bevor. Am 14. August beginnen in Genf die Verhandlungen für ein rechtlich verbindliches Abkommen, an dem zwischen 160 und 180 Länder teilnehmen werden. Ziel dieser Konferenz ist die Reduzierung des Plastikmülls und die Verbesserung des Umgangs mit gefährlichen Kunststoffprodukten. Wirtschaftsexperte Nicolas Lieven äußert jedoch Skepsis über die Möglichkeiten einer Einigung, da die unterschiedlichen Interessenlagen der Staaten als großes Hindernis gelten. Viele Länder sind wirtschaftlich von der Plastikproduktion abhängig, was die Verhandlungen zusätzlich erschwert. radioeins berichtet, dass Lieven das bestehende Recycling-System kritisiert, das oft nicht funktioniert und oft nur als „Downcycling“ bezeichnet wird.
Dennoch gibt es einen dringenden Handlungsbedarf: Weltweit werden jährlich 413 Millionen Tonnen Kunststoff produziert, wovon lediglich 9% recycelt werden. Der Rest gelangt entweder auf Deponien, wird verbrannt oder gelangt ins Meer, was sowohl der Umwelt als auch der menschlichen Gesundheit erheblichen Schaden zufügt. Mikroplastik ist mittlerweile global verbreitet und kann im menschlichen Körper nachgewiesen werden. Über 100 Länder, darunter Deutschland und die EU, fordern ein umfassendes und ambitioniertes Abkommen, das auch finanzielle Unterstützung für Entwicklungsländer umfasst. Deutsche Welle hebt hervor, dass Herstellerländer wie Russland und Saudi-Arabien stärkere Regulierungen blockieren und die Plastikindustrie häufig das Problem als mangelnde Abfallwirtschaft und nicht als Überproduktion betrachtet.
Die Herausforderungen der Verhandlungen
Im Vorfeld der Konferenz wird die Rolle der Kunststoff-Lobby kritisch betrachtet. Wissenschaftler berichten von Einschüchterungen und Diffamierungen durch die Industrie, während mehr Lobbyisten anwesend sind als Delegierte der EU. Diese Dynamik könnte die Verhandlungen erheblich beeinflussen. In Deutschland werden jährlich 16 Milliarden Euro für Abfallwirtschaft ausgegeben, was 0,4% des BIP entspricht. Trotz dieser Ausgaben bleibt Deutschland der größte Kunststoffhersteller Europas mit einer Produktion von 8 Millionen Tonnen pro Jahr. Im globalen Vergleich stammen ein Drittel aller Kunststoffe aus China, 20% aus anderen asiatischen Ländern sowie Nordamerika.
Die wachsenden Umweltsorgen bringen auch einen gewissen Druck auf die Regierungen mit sich. Wissenschaftler fordern eine Reduzierung der Kunststoffproduktion um 12-19%, um die Klimaziele zu erreichen. In Nordamerika und Europa liegt der durchschnittliche Plastikverbrauch pro Person zwischen 85 und 94 kg, während er in China bei etwa 58 kg liegt. Die Debatte um den Umgang mit Plastikmüll ist komplexer denn je und birgt sowohl Chancen als auch Rezepte zur Besserung. Ob die Konferenz in Genf eine historische Chance für ein wirksames Abkommen darstellt, bleibt jedoch fraglich.