Gemäß einem Bericht von www.berliner-zeitung.de,
Die Ausmaße des Haushaltsdramas der Bundesregierung sind noch nicht bekannt, da stimmt der Bundeskanzler die Bevölkerung bereits auf „schwierige Zeiten“ ein. Das Urteil aus Karlsruhe schaffe „eine neue Realität“, sagte Olaf Scholz am Dienstag im Bundestag. Tatsächlich drohen Deutschland herbe Verluste, falls die Regierung nicht in der Lage ist, einen zukunftsfähigen Haushalt zu verabschieden.
Denn die Aufgaben, vor denen die deutsche Wirtschaft steht, sind immens. Finanzanalyst Eiko Sievert von der Berliner Ratingagentur Scope weist im Gespräch mit der Berliner Zeitung darauf hin, dass „die Investitionen des öffentlichen Sektors in Deutschland über mehrere Jahrzehnte hinweg deutlich niedriger als in anderen großen europäischen Volkswirtschaften“ waren.
„Die Nettoanlageinvestitionen des öffentlichen Sektors in Deutschland beliefen sich in den letzten drei Jahrzehnten durchschnittlich nur auf 0,1 Prozent des BIP pro Jahr“, berichtet Scope in einer aktuellen Analyse. Damit blieb Deutschland weit hinter anderen großen Volkswirtschaften wie den Vereinigten Staaten (1,3 Prozent), Spanien (1,2), Großbritannien (0,7), Frankreich (0,6) und Italien (0,2) zurück. Wegen des regelrechten Sparzwangs hat Deutschland auf viel Geld verzichtet. Wären die Investitionen im Einklang mit den anderen großen Volkswirtschaften gewesen, hätte die deutsche Regierung im letzten Jahrzehnt zusätzliche 303 Milliarden Euro investiert, heißt es in der Analyse.
Dieser Investitionsrückstand gewinne zunehmend an Bedeutung, sagt der Scope-Analyst Sievert im Gespräch, da Deutschland mit „strukturellem Druck“ konfrontiert sei, etwa dem demografischen Wandel und dem Ziel, bis 2045 Treibhausgasneutralität zu erreichen. Deutschland hat ein grundsätzliches Problem: „Das jüngste Urteil des Verfassungsgerichts hat die Grenzen des derzeitigen Rahmens für die Mobilisierung öffentlicher Mittel aufgezeigt“, sagt Sievert.
Wie ernst die Lage ist, verdeutlicht die Tatsache, dass sich der Internationale Währungsfonds (IWF) in die deutsche Debatte einmischt. Zuletzt hatte IWF-Chefin Kristalina Georgiewa die Bundesregierung zu Investitionen aufgefordert. „Um Wachstum sicherzustellen, muss Deutschland in seine Infrastruktur, den grünen Umbau der Wirtschaft sowie in die Fähigkeiten seiner Bevölkerung investieren“, sagte Georgiewa dem Handelsblatt und drei weiteren europäischen Zeitungen am vergangenen Freitag. „Wir sprechen hier nicht über triviale Investitionen – vor allem, weil als Nächstes die wirtschaftliche Anpassung an die künstliche Intelligenz ansteht.“
Die Deutsche Bank Research schätzt in einem aktuellen Bericht, dass Deutschland im zweiten Halbjahr eine technische Rezession verzeichnen könnte. Der Vertrauensschock durch das Bundesverfassungsgerichtsurteil und die erzwungenen wahrscheinlichen Haushaltskürzungen im nächsten Jahr werden voraussichtlich zu einem Rückgang des Jahreswachstums um 0,2 Prozent führen, schätzen die Analysten. Auch langfristig dürften die Zeiten nicht besser werden, und das Potenzialwachstum in den nächsten zehn Jahren könnte unter 0,5 Prozent fallen.
Insgesamt weist die Analyse darauf hin, dass Deutschlands Investitionsrückstand in den letzten Jahrzehnten negative Auswirkungen auf die Wirtschaft und das Wachstum gehabt hat. Eine mangelnde Investition in Infrastruktur, den grünen Umbau der Wirtschaft und in die Fähigkeiten der Bevölkerung könnten zu einer weiteren Abschwächung der Wirtschaft führen. Dies könnte letztendlich zu erheblichen Problemen in der deutschen und europäischen Wirtschaft führen. Die deutsche Regierung wird daher Maßnahmen ergreifen müssen, um diese Situation zu verbessern und die benötigten Investitionen in die Zukunft zu tätigen.
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