Die Konjunktur in Europa verläuft eher etwas schleppend. Deutschland bewegt sich an der Schwelle zu einer leichten Rezession. Es gibt erste Anzeichen, dass die erhöhten Zinsen einen deutlicheren Bremseffekt in der Wirtschaft hinterlassen. Die großen weltweit agierenden Konzerne verdienen nach wie vor sehr gut. Für die binnenorientierte Wirtschaft wird es etwas schwieriger. Während die global agierenden Blue-Chip-Aktien aus den Bereichen Luxus, Chips, Software und Technologie sich weiterhin sehr gut entwickeln, schwächeln Immobilien und Konsumwerte wie beispielsweise Zalando.
Schwächelndes China
Etwas vorsichtiger betrachtet man auch die schwächere Entwicklung der Konjunktur in China. Dort belastet vor allem die problematische Entwicklung am Immobilienmarkt. So hat Country Garden, ein Immobilien-Entwicklungsriese mit 178 Milliarden Euro Schulden, eine Zinszahlung erst auf den letzten Drücker geleistet. Die Schwierigkeiten im ganzen Sektor sind keineswegs gelöst und belasten auch die generelle konjunkturelle Erholung nach den Corona-Lockdowns. Dies zeigt sich auch in einer gegenüber dem US-Dollar schwächelnden chinesischen Währung.
Dagegen ist die Wirtschaft in den USA weiterhin unter Volldampf. In der ersten Jahreshälfte gab es erhebliche Befürchtungen, dass die Zinserhöhungen unweigerlich eine Rezession auslösen würden. Aktuell expandiert die Wirtschaft jedoch trotz erhöhter Zinsen, und die Arbeitslosenrate ist nahe einem historischen Tief. Angetrieben wird die Wirtschaft von enormen staatlichem Konjunkturprogrammen und viel Optimismus der Konsumenten.
Die Aktienmärkte werden seit einigen Monaten von der Phantasie um „KI“ Künstliche Intelligenz befeuert. Das Thema erfasst nach der Chip-Industrie und den großen Software-Konzernen und Medien-Giganten immer mehr Bereiche und Branchen. Die Entwicklung stützt sich auf mögliche revolutionäre Entwicklungen in den nächsten Jahren. Es wird in den nächsten Jahren spannend zu beobachten sein, ob es sich eher um einen Hype oder um eine grundlegend neue Entwicklung handelt.
Positive Entwicklung?
Ein bestimmendes Thema ist weiterhin die Inflation und die Zinsentwicklung. Die Inflation ist sowohl in den USA als auch in Europa von ihrem Hoch deutlich zurückgekommen, aber nicht ganz so stark wie zuletzt erwartet. Dennoch geht der Markt davon aus, dass in den USA keine weiteren Zinserhöhungen folgen wird und in Europa im September die letzte Zinserhöhung der EZB in diesem Zinszyklus anstehen dürfte.
Sollte das Szenario so eintreten, könnte sich eine freundliche Entwicklung für den Rest des Jahres an den Aktienmärkten anbahnen. Sollte sich jedoch die Inflation wider Erwarten verfestigen oder wegen anziehender Energiepreise in den Herbst- und Wintermonaten sogar wieder leicht erhöhen, stünden gegebenenfalls weitere Zinserhöhungen an. Dieses mögliche Enttäuschungspotential könnte die Aktienmärkte unter Druck bringen. Außerdem gilt es den enormen Finanzierungsbedarf der Regierungen und die Auswirkungen der restriktiven Geldpolitik der Notenbank auf die Geldmenge und somit auf die Zinsentwicklung zu beachten.
Zur Person: Robert Beer
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