Der langjährige Vorstandsvorsitzende von Flatexdegiro, Frank Niehage, kündigte am Montag seinen Rücktritt zum 30. April an, nachdem der Großaktionär Bernd Förtsch öffentlich Kritik an der Unternehmensstrategie geäußert hatte. Niehage wird trotz seines Rückzugs Aktionär bleiben, jedoch aufgrund unterschiedlicher Ansichten zur strategischen Entwicklung und im Interesse des Unternehmens seinen Posten räumen. Das Unternehmen, das auch als Trikotsponsor des Fußballvereins Borussia Mönchengladbach bekannt ist, gab bekannt, dass Finanzchef Benon Janos und Technikvorstand Stephan Simmang vorübergehend als Co-Chefs die Verantwortung übernehmen werden.
Die Ankündigung von Niehages Rücktritt hat Auswirkungen auf die bevorstehende Hauptversammlung am 4. Juni, da Bernd Förtsch angekündigt hat, Niehage und den Aufsichtsratschef Martin Korbmacher nicht entlasten zu wollen. Förtsch, der rund 20 Prozent der Anteile an Flatexdegiro besitzt, ist unzufrieden mit der Entwicklung des Aktienkurses, der in den letzten fünf Jahren um 87 Prozent gestiegen ist, in den letzten zwölf Monaten jedoch um 8 Prozent zugelegt hat.
Förtsch bemängelt, dass Flatex im Vergleich zu ähnlichen Unternehmen wie Swissquote mit einem Abschlag von mindestens 30 bis 40 Prozent bewertet wird. Er kritisiert das Fehlen strategischer Initiativen wie den Handel mit Kryptowährungen oder Kreditkarten. Obwohl der Aktienkurs deutlich unter dem Höchststand von fast 30 Euro im Sommer 2021 liegt, zählt Flatex mit 2,8 Millionen Kunden zu den größten Brokern in Deutschland. Das Unternehmen hat jedoch im Wettbewerb mit Neobrokern wie Trade Republic und Scalable Capital zunehmend Schwierigkeiten.
Flatex wurde bereits 1999 unter dem Namen Pre-IPO AG von Bernd Förtsch gegründet und konnte 2019 durch die Übernahme von Degiro und den Markteintritt in 18 Länder wachsen. Im Frühjahr 2022 stellte die Finanzaufsicht Bafin bei Flatex organisatorische Mängel fest und verlangte einen Eigenkapitalaufschlag. Niehage plante, mit dem überschüssigen Kapital Aktien zurückzukaufen, was wiederum auf Kritik von Förtsch stieß.