
Die geplante Hochspannungstrasse Rhein-Main-Link, die Hessen bis 2045 klimaneutral machen soll, steht im Fokus der hessischen Industrie. Großverbraucher wie Dyckerhoff, das Unternehmen mit Sitz in Mainz-Amöneburg, sehen in dieser Infrastrukturmaßnahme eine wichtige Voraussetzung für die Deckung ihres hohen Energiebedarfs. Werkleiter Stefan Woywadt unterstreicht die Herausforderungen, die sich durch den steigenden Strombedarf insbesondere im Zementsektor ergeben. Dyckerhoff beschäftigt rund 5.000 Mitarbeiter und benötigt jährlich 76 Millionen Kilowattstunden Strom, was dem Verbrauch von 19.000 Haushalten entspricht. Um den Energieverbrauch in Zukunft nachhaltig zu gestalten, plant das Unternehmen, alternative Materialien wie Hüttensand zu verwenden, was jedoch den Strombedarf um bis zu 50% erhöhen könnte.
Der Rhein-Main-Link ist als bedeutendes Projekt angelegt, um Windenergie aus Niedersachsen über Nordrhein-Westfalen nach Hessen zu transportieren. Ab dem Jahr 2033 soll die Trasse bis zu acht Gigawatt Windstrom liefern und damit die hohe Nachfrage in der Rhein-Main-Region decken. Laut Prognosen des Fraunhofer Instituts könnte der Strombedarf in Deutschland und Hessen bis 2045 auf das Doppelte ansteigen. In Hessen selbst lag der Bruttostromverbrauch 2023 bei über 37 Terawattstunden, wobei 42% davon im Gewerbe, Handel und Dienstleistungen entfallen.
Trassenverlauf und Planungsphase
Die Planung des Rhein-Main-Links ist komplex und befindet sich derzeit im Planfeststellungsverfahren. Der Übertragungsnetzbetreiber Amprion hat Ende Juni einen Antrag bei der Bundesnetzagentur gestellt, um den genauen Trassenverlauf zu determinieren. Es wird erwartet, dass der Verlauf in der zweiten Jahreshälfte 2026 festgelegt wird. Die ersten Bauarbeiten könnten bereits ab 2028 beginnen. Die Trasse selbst wird etwa 600 Kilometer lang sein und vier Endpunkte in der Rhein-Main-Region haben, darunter Bürstadt, Marxheim, Kriftel und das Hessische Ried.
Besonderes Augenmerk liegt auf den Konverteranlagen, die an den Endpunkten zur Umwandlung von Gleichstrom in Wechselstrom errichtet werden. Mit diesem Energiekorridor soll das stark beanspruchte Stromnetz entlastet und die Kapazität für die verlustarme Übertragung von Strommengen von Nord nach Süd erhöht werden. Kritiker, darunter Bürger:innen, Kommunen und Naturschutzverbände, äußern Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen auf die fruchtbaren Böden, Wasserschutzgebiete und die Planung neuer Wohn- und Gewerbegebiete.
Politische Aspekte und gesellschaftliche Bedenken
Der Bau des Rhein-Main-Links ist gesetzlich verankert, jedoch ist er umstritten: Der BUND zweifelt die Energiebedarfsberechnungen an und sieht diese als überdimensioniert an. Kommunen fürchten, dass der Bau der Trasse neue Bauprojekte behindern könnte. Förster und Landwirte äußern Besorgnis über die möglichen negativen Auswirkungen auf lokale Wälder und Böden. Um Widerstand gegen oberirdische Leitungen zu vermeiden, wurde beschlossen, die Kabel unterirdisch zu verlegen. Trotz dieser Maßnahme fordern politische Akteure die Aufhebung der Erdkabelverlegungspflicht, was jedoch von der Bundesnetzagentur abgelehnt wurde.
Die insgesamt hohen Strompreise könnten die Produktion in die Ausland verlagern und die Elektrifizierung von Prozessen behindern. Vor diesem Hintergrund betont Dyckerhoff die Notwendigkeit, in die Energieversorgung zu investieren, um die zukünftige Produktionsfähigkeit zu sichern. Dies ist besonders angesichts der Herausforderungen wichtig, die der Energiebedarf eines sich wandelnden Marktes mit sich bringt.
Während Amprion die Probebohrungen zur Erkundung des Geländes durchführt, bleibt die Planungsphase entscheidend. Eine rechtssichere Planung ist notwendig, um möglichen Klagen frühzeitig zu begegnen und damit das Projekt Digitalisierung und Klimaschutz in einem energetisch stark beanspruchten Gebiet fortzuführen.
Weitere Informationen finden Sie unter hessenschau.de und fr.de.