
Die wirtschaftliche Lage in Ostdeutschland bleibt ein zentrales Thema in der aktuellen Diskussion über die Zukunft der Region. Eine neue Bestandsaufnahme vom Ifo-Institut und der Mitteldeutschen Stiftung zeigt, dass die ostdeutsche Wirtschaft in den letzten Jahren meist stärker gewachsen ist als die westdeutsche. So erreicht das Bruttoinlandsprodukt je Erwerbstätigenstunde in Ostdeutschland mittlerweile 86 Prozent des westdeutschen Durchschnitts, was einen signifikanten Anstieg im Vergleich zu weniger als 50 Prozent zur Zeit der Wiedervereinigung darstellt. Dennoch gibt es bedeutende Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt, um diese positive Entwicklung nachhaltig zu sichern, wie faz.net berichtet.
Auf dem Ostdeutschen Wirtschaftsforum in Bad Saarow diskutierten rund 500 Unternehmer und Manager über die gegenwärtige Situation. Die allgemeine Stimmung unter den Wirtschaftsvertretern ist schlechter als die tatsächliche Lage: Viele erkennen an, dass die individuelle Unternehmenssituation nicht negativ ist, haben jedoch Bedenken bezüglich der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung. Zentrale Themen sind der Ausbau erneuerbarer Energien, Mikroelektronik und Tourismus, doch hohe Energiepreise, Fachkräftemangel und politische Radikalisierung stehen dem Fortschritt im Weg.
Herausforderungen der Ostdeutschen Unternehmen
Unternehmer wie Eckhard Schmidt, der ein Schraubenwerk in Zerbst leitet, verdeutlichen die Herausforderungen der Branche. Mit 300 Mitarbeitern produziert das Werk Befestigungen für Windräder und Eisenbahnschwellen, wobei 40 Prozent der Produkte exportiert werden. Der Jahresumsatz beträgt 100 Millionen Euro. Schmidt betont, dass Bürokratie der größte Wettbewerbsnachteil sei: Fünf Mitarbeiter seien lediglich mit Berichten und Protokollen beschäftigt, was jährliche Mehrkosten von geschätzten 750.000 Euro verursache. Eine Umfrage unter 1.500 ostdeutschen Unternehmen zeigt, dass 70 Prozent von ihnen den Bürokratieabbau als die wichtigste politische Aufgabe ansehen, so meldet zdf.de.
Hohe Energiekosten belasten zudem die Industrie, besonders seit dem Stopp des russischen Gases. Das Stickstoffwerk Piesteritz in Wittenberg zählt zu den größten Erdgasverbrauchern Deutschlands und sieht sich jährlich mit Kosten von über 40 Millionen Euro durch die Gasspeicherumlage konfrontiert. SKW-Geschäftsführer Carsten Franzke fordert von der neuen Bundesregierung niedrigere Energiepreise und Zölle auf importierten Dünger.
Akuter Fachkräftemangel und Lösungen
Professor Andreas Knabe von der Otto-von-Guericke-Universität hebt die Belastungen durch Bürokratie und die Herausforderungen des Fachkräftemangels hervor. Die Unternehmensstruktur im Osten ist kleinteiliger, zudem altert die Erwerbsbevölkerung schneller. Über die Hälfte der ostdeutschen Unternehmen hat Schwierigkeiten, Mitarbeiter zu finden und zu halten. Es besteht ein dringender Bedarf an besserer Ausbildung junger Menschen sowie an qualifizierter Zuwanderung.
Die politische Landschaft erfordert ebenfalls Handlungsbedarf. Unternehmen im Osten sind unzufrieden mit den Politikern, deren Versprechungen oft nicht umgesetzt werden. Die neue Bundesregierung hat jetzt 100 Tage Zeit, konkrete Veränderungen anzustoßen, während Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt im kommenden Jahr anstehen. Ein weiterer Punkt auf der Wunschliste der Unternehmen sind Bürokratieabbau und niedrigere Steuern, um ein attraktives Klima für Investitionen zu schaffen.
Insgesamt bleibt Ostdeutschland ein Ort mit großem Potential, allerdings stehen dem Fortschritt einige bedeutende Hürden im Weg, die es gilt, schnell und effektiv zu überwinden.