
Russlands Agrarwirtschaft steht vor enormen Herausforderungen, die durch eine drastische Beurlaubung der Mitarbeiter des größten Herstellers von landwirtschaftlichen Maschinen, Rostselmash, symbolisiert werden. Alle 15.000 Mitarbeiter des Unternehmens müssen im Juni 2025 pausieren, da die Nachfrage stark gesunken ist und die Exporte eingebrochen sind. Laut fr.de sind die Verkaufszahlen in den letzten Jahren erschreckend gefallen: Mähdrescher verzeichneten einen Rückgang von 76%, Feldhäcksler um 49% und Knicklenkertraktorverkäufe um 48% im Vergleich zum ersten Quartal 2021.
Rostselmash erlebte im Jahr 2024 ein Einnahmenminus von nahezu 20 Milliarden Rubel (965 Millionen Euro). Um der desolaten Lage entgegenzuwirken, versuchte das Unternehmen im März 2025, mit einer Viertagewoche die Situation zu verbessern, und reduzierte im April die Belegschaft um 2.000 Mitarbeiter. Laut dem ukrainischen Center for Countering Disinformation erlebte Rostselmash einen „Rekordverlust“ bei den Verkäufen, nachdem es wichtige Exportmärkte in der EU und den USA verloren hatte. Nun sucht das Unternehmen nach neuen Märkten in Asien und dem Mittleren Osten.
Wirtschaftliche Auswirkungen auf die Landwirtschaft
Der Agrarsektor gilt in Russland als fundamental für die Wirtschaft, obwohl der Anteil der Landwirtschaft am Bruttoinlandsprodukt gesunken ist. Die landwirtschaftliche Wertschöpfung ist von 45,9 Milliarden Dollar im Jahr 2000 auf 66,2 Milliarden Dollar im Jahr 2019 gestiegen. Dennoch wird die finanzielle Lage der Bauern als kritisch beschrieben, was in der Folge zu einem Rückgang des Marktes führt. Aktuell liegt die Inflation in Russland bei 10,20%, und die Zentralbank hat die Leitzinsen erhöht, was die Situation weiter verschärft.
Zusätzlich berichten Experten über die finanziellen Schwierigkeiten russischer Agrarholdings, die vor einigen Jahren als attraktive Anlagen galten. Firmen wie Ekosem-Agrar AG, bekannt unter dem Vorstandsvorsitz von Stefan Dürr, kontrolliert 600.000 Hektar Agrarflächen und leidet unter steigenden Betriebskosten für Saatgut und Dünger, die in Euro und Dollar bezahlt werden müssen. Diese Kostenexplosion sowie der Zugang zu Finanzierungen wurden durch westliche Sanktionen erheblich erschwert, wie capital.de erklärt.
Sanktionen und deren Folgen
Die staatliche Rosselkhozbank, die eine Schlüsselrolle in der Finanzierung des Agrarsektors spielt, steht seit 2022 auf der Sanktionsliste und ist vom SWIFT-Bankensystem ausgeschlossen. Daher ist die Refinanzierung von Unternehmen, die auf dem Kapitalmarkt tätig sind, sowie die Liquiditätsversorgung zunehmend schwierig. Putins Pläne zur landwirtschaftlichen Autarkie sind von diesen Entwicklungen stark bedroht. Agrarminister Dmitri Patruschew plant zwar, die Agrarexporte bis 2024 um 50% zu steigern, jedoch sind die Herausforderungen durch Sanktionen und die Abhängigkeit von westlichen Technologien für Hochleistungssaatgut und Agrartechnik enorm.
Experten warnen, dass große Agroholdings stärkere Sanktionen und größere Herausforderungen durch die Abhängigkeit von westlicher Technik erleiden könnten. Während die Selbstversorgung Russlands bei Getreide bereits weitgehend gesichert ist, fehlt es an internationalen Materialien für viele Hochertragssorten. Dies führt zu einer besorgniserregenden Situation, in der die Zukunft der russischen Landwirtschaft und die Erträge nachhaltig gefährdet sind.