
Die Debatte um eine verpflichtende Elementarschadenversicherung gewinnt an Fahrt, insbesondere im Kontext zunehmender Schäden durch Starkregen, Überschwemmungen und weitere Extremwetterereignisse, die durch den Klimawandel verstärkt werden. Der aktuelle Koalitionsvertrag sieht eine solche Versicherung vor, doch Experten äußern Bedenken gegen ihre alleinige Einführung. Laut cash-online.de könnten eine fehlende risikogerechte Prämiengestaltung und gezielte Präventionsmaßnahmen Fehlanreize schaffen.
Die Aktuare fordern daher ein umfassendes Gesamtkonzept von der Politik, das die folgenden Punkte berücksichtigt: risikobasierte Prämien, einen solidarischen Prämienausgleich nur für Extremrisiken sowie einen gesicherten Kumulschutz. Hierbei könnte ein staatlicher Rückversicherer mit einer Stop-Loss-Garantie integriert werden, um das Risiko für Versicherer zu minimieren.
Öffentliche Verantwortung und präventive Maßnahmen
Ein entscheidender Aspekt in dieser Debatte ist die Verantwortung der öffentlichen Hand in der Raum- und Bauleitplanung. Diese sollte sich in einer klaren Strategie für den Hochwasserschutz und die Ausweisung von Baugebieten widerspiegeln. Happacher von der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) weist darauf hin, dass die Pflichtversicherung nur dann effektiv funktionieren kann, wenn sie mit staatlicher Verantwortung und zuverlässigen Risikomodellen einhergeht. Das Ziel muss die Vermeidung von Schäden sein, bevor sie entstehen.
Nach Informationen der Verbraucherzentrale entscheiden Versicherer über Anträge auf Elementarschadenversicherung basierend auf dem Schadensverlauf der letzten Jahre oder sogar Jahrzehnte. Die Ermittlung der Versicherbarkeit erfolgt nach Gefährdungsklassen, die auf der statistischen Häufigkeit von Hochwasserereignissen basieren.
Zonierungssystem und Risikoklassen
Das Zonierungssystem für Überschwemmung, Rückstau und Starkregen (ZÜRS) unterscheidet vier Risikoregionen:
- Klasse 4 (hohe Gefährdung): Hochwasser statistisch einmal in 10 Jahren
- Klasse 3 (mittlere Gefährdung): Hochwasser statistisch einmal in 10-100 Jahren
- Klasse 2 (geringe Gefährdung): Hochwasser statistisch einmal in 100-200 Jahren oder durch höhere Deiche geschützt
- Klasse 1 (sehr geringe Gefährdung): Hochwasser statistisch seltener als einmal alle 200 Jahre
Ein weiteres Kriterium zur Beurteilung des Versicherungsschutzes ist die Nähe eines Baches zum Gebäude. Insbesondere Eigentümer in Gefährdungsklasse 4 haben nur dann eine Chance auf Elementarschutz, wenn sie extrem hohe Versicherungsbeiträge bereit sind zu zahlen. Auch kann der Versicherungsschutz verweigert werden, wenn wiederholt Wasser in den Keller gelaufen ist.
Die letzte Entscheidung über den Versicherungsschutz und die damit verbundenen Konditionen liegt stets beim Versicherer, was die Unsicherheit für viele Hausbesitzer erhöht. In diesem komplexen Zusammenspiel aus zunehmenden Wetterextremen und den Herausforderungen eines funktionierenden Versicherungssystems ist ein multidimensionaler Ansatz gefragt, um die Wirkung von präventiven Maßnahmen optimal zu nutzen.