
Der Bundesgerichtshof (BGH) steht vor einer entscheidenden Entscheidung in Bezug auf die Bestellung rezeptpflichtiger Medikamente aus dem EU-Ausland. Dabei wird insbesondere geprüft, ob das Gewähren von Boni oder Vergütungen bei der Bestellung solcher Arzneimittel zulässig ist. Der Europäische Gerichtshof hat bereits klargestellt, dass Boni möglich sind, solange die Arzneimittelversorgung in Deutschland nicht gefährdet wird. In diesem Kontext haben die Vorinstanzen jedoch festgestellt, dass die Arzneimittelversorgung als gefährdet gilt, wenn rezeptpflichtige Medikamente zu günstigeren Konditionen aus dem Ausland bezogen werden können. Wirtschaftsjournalist Nicolas Lieven wird in einer Interviewreihe auf radioeins zu diesem brisanten Thema Stellung nehmen und die möglichen Auswirkungen erläutern. radioeins berichtet.
In Deutschland unterliegen rezeptpflichtige Medikamente einer strengen gesetzlichen Preisbindung. Der BGH hat vor über zehn Jahren entschieden, dass eine im EU-Ausland ansässige Versandapotheke Prämien auf rezeptpflichtige Medikamente gewähren darf. Diese Entscheidung wirft Fragen zur Preisgestaltung und zur Wettbewerbsfähigkeit auf. Die gesetzliche Preisbindung gilt jedoch nicht für rezeptfreie Medikamente, die Apotheken nach eigenem Ermessen bepreisen können. Für verschreibungspflichtige Arzneimittel sind die Preise gesetzlich geregelt, um einen ruinösen Wettbewerb und mögliche Übervorteilungen der Patienten zu verhindern. Der Preisbildungsprozess für rezeptpflichtige Medikamente umfasst mehrere Schritte: Zunächst legt das Pharmaunternehmen den Verkaufspreis fest, danach darf der Großhandel maximal 3,15 Prozent plus 73 Cent je Packung, jedoch höchstens 37,80 Euro, aufschlagen. Apotheken wiederum dürfen 3 Prozent plus 8,35 Euro je Packung erheben, sowie zusätzliche Beträge für Notdienst und pharmazeutische Leistungen. ZDF berichtet.
Der Streit um die Preisbindung
Ein zentraler Streitpunkt ist die Auslegung der Preisbindung für Versandapotheken im EU-Ausland. Der BGH entschied zugunsten der Versandapotheke Tanimis Pharma und erließ ein Urteil im Juni 2019, das auch kleine Geschenke wie Taschentücher oder Traubenzucker verbietet. Der EuGH urteilte im Jahr 2016, dass die Preisvorschriften des Arzneimittelgesetzes nicht für ausländische Apotheken gelten. Folglich wurden Änderungen im Arzneimittelgesetz erforderlich, um die Preisbindung im Versandhandel zu klären.
Ein weiteres Thema ist die geplante Rückkehr von DocMorris zur Gewährung finanzieller Boni bei Online-Bestellungen von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln. Die ABDA betont, dass die Preisbindung im Fünften Sozialgesetzbuch festgelegt ist und solche Rabatte nicht Bestandteil der Arzneimittelversorgung sein sollten. Es bleibt abzuwarten, wie die aktuelle rechtliche Situation nach der bevorstehenden Entscheidung des BGH aussehen wird und welche Auswirkungen dies auf die Patienten und die Marktbedingungen in Deutschland haben könnte.