
Die Kosten für die Stromnetze in Deutschland sind seit 2015 um mehr als 100 Prozent gestiegen. Laut der Bundesnetzagentur benötigten die Stromnetzbetreiber in diesem Jahr rund 33 Milliarden Euro, während es 2015 noch 15,9 Milliarden Euro waren. Diese enormen Anstieg der Netzentgelte wird vor allem durch die Energiewende und den wachsenden Anteil erneuerbarer Energien in der Stromerzeugung verursacht. Die Belastungen kommen vornehmlich auf die Verbraucher, also Haushalte und Unternehmen, zu.
Ein durchschnittlicher Haushaltskunde zahlte 2015 noch ein Netzentgelt von 6,59 Cent pro Kilowattstunde; im Jahr 2024 sind es bereits 11,62 Cent. Diese besorgniserregenden Zahlen wurden von der Bundesnetzagentur auf Anfrage des BSW bereitgestellt. Sahra Wagenknecht, die Parteivorsitzende, äußerte scharfe Kritik an den gestiegenen Netzkosten und bezeichnete sie als „inakzeptabel“ sowie als „Versagen der Energiepolitik“. Sie fordert eine Abschaffung der Netzentgelte für Verbraucher und eine Übernahme der Stromnetze durch die öffentliche Hand.
Regionale Unterschiede und der Ausgleich
Besonders der Norden und Nordosten Deutschlands sind aufgrund des Ausbaus der Windenergie stark betroffen. Hier führt der hohe Ausbaubedarf des Stromnetzes zu erheblichen Mehrkosten für die Stromkund*innen. Ab 2025 wird jedoch eine partielle Entlastung durch eine Regelung der Bundesnetzagentur in Aussicht gestellt, die einen teilweisen Ausgleich dieser hohen Netzkosten vorsieht. Damit soll die Lastenverteilung fairer gestaltet werden.
Der Haushaltspreis für Strom setzt sich zu etwa einem Drittel aus Netzentgelten zusammen, die wiederum in Übertragungs- und Verteilnetzentgelte unterteilt sind. Die Übertragungsnetzentgelte sind seit 2023 bundesweit einheitlich, wohingegen die Verteilnetzentgelte stark variieren. Für 2025 wird ein Wälzungsbetrag von 2,4 Milliarden Euro erwartet, und Haushaltskund*innen außerhalb entlasteter Verteilnetzgebiete müssen mit einer Preissteigerung von etwa 1,2 Cent pro kWh rechnen, was jährlichen Mehrkosten von rund 42 Euro entspricht.
Vorschläge für Reformen
In entlasteten Verteilnetzgebieten können Durchschnittshaushalte jedoch von einer Entlastung von etwa 200 Euro pro Jahr bei gleichem Verbrauch profitieren. Die Empfehlungen für eine umfassendere Netzentgeltreform zur besseren Verteilung der Stromnetzkosten nehmen zu. Das Öko-Institut schlägt bundeseinheitliche Netzentgelte vor, um die regionalen Unterschiede zu beheben und die politischen Diskussionen zu entschärfen. Studien zeigen auch, dass die rechtliche Umsetzbarkeit von bundeseinheitlichen Netzentgelten bestätigt ist.
Ein Reformvorschlag sieht transformationsgekoppelte Netzentgelte vor, die an den Beitrag der jeweiligen Region zur Energiewende gebunden sind. In Regionen mit hohem Ausbau erneuerbarer Energien könnten niedrigere Verteilnetzentgelte erhoben werden, während gegenteilige Maßnahmen in Regionen mit geringerem Ausbau notwendig wären. Allerdings ist die Umsetzung dieses Modells rechtlich komplex und herausfordernd. Es bedarf einer expliziten Ableitung des Transformationsbeitrags eines Netzgebietes, um eine nachhaltige und gerechte Lösung zu erreichen und den politischen Druck zu mindern.
[T-Online] berichtet, dass diese Herausforderungen vor dem Hintergrund der Energiewende und dem Ziel der Dekarbonisierung als dringend erachtet werden. Gleichzeitig erfordert die hohe Abhängigkeit der Verbrauchskosten von den Netzentgelten eine Anpassung der strukturellen Gegebenheiten im deutschen Strommarkt. [Umweltbundesamt] hebt hervor, dass die Herausforderung nicht nur finanzieller Natur, sondern auch in der technischen Umsetzung der nötigen Infrastruktur und der erforderlichen Gesetzgebung liegt. Der Dialog zwischen den verschiedenen Stakeholdern wird als entscheidend für die Fortschritte in diesem Bereich angesehen.