
In einer kritischen Einschätzung der ersten 100 Tage der Bundesregierung unter Bundeskanzler Friedrich Merz und Vizekanzler Lars Klingbeil äußert der Handelsverband Deutschland (HDE) seine Enttäuschung über den ausbleibenden angekündigten Aufbruch zu einer neuen Wirtschaftspolitik. Diese Analyse wird in einem Bericht von Lebensmittel Praxis zusammengefasst.
Der HDE hebt hervor, dass die Bundesregierung sich dringend der Themen Abbau von Bürokratie, fairer Wettbewerb sowie Entlastungen bei den Strompreisen annehmen müsse. HDE-Präsident Alexander von Preen fordert eine umfassende Agenda, die Investitionsanreize schafft und den Wettbewerb fairer gestaltet. Die aktuelle wirtschaftliche Lage ist angespannt, da eine verhaltene Konsumstimmung und strukturelle Probleme eine Vielzahl von Betrieben belasten.
Forderungen an die Bundesregierung
Besonders für kleine und mittlere Unternehmen stellt die Bürokratie ein hemmerndes Element dar. Der HDE fordert die Streichung der 150-Euro-Zollfreigrenze, die erst 2029 entfallen soll, und bezeichnet eine digitale Vernetzung des Zolls sowie eine bessere Ausstattung der Zollbehörden als notwendig. Zudem wird ein haftbarer Wirtschaftsakteur in der EU für Drittstaatenanbieter gefordert. Der HDE sieht auch Reformbedarf bei den Kostenbelastungen durch Energie und Personal sowie ein politisches Bekenntnis zur Deckelung der Sozialversicherungsbeiträge bei 40 Prozent als wichtig an. Eine Senkung der Stromsteuer für alle wäre ebenfalls wünschenswert.
Angesichts der Herausforderung der Verödung der Innenstädte setzt sich der HDE für steuerliche Sonderabschreibungsmöglichkeiten für Investitionen in diesen Bereichen ein. Der Verband beschreibt den deutschen Einzelhandel als tragende Säule der Volkswirtschaft und weist darauf hin, dass für das Jahr 2025 ein preisbereinigtes Umsatzwachstum von lediglich 0,5 Prozent prognostiziert wird. 71 Prozent der stationären Händler berichten von sinkenden Kundenfrequenzen, und die Investitionsbereitschaft befindet sich auf einem Tiefpunkt, was der HDE als eine Folge politischer Versäumnisse sieht.
Regulierungsdruck und zukünftige Perspektiven
Ein weiterer kritischer Punkt sind die zunehmende Regulierungsintensität und der damit verbundene Bürokratieaufwand, die als Hemmnisse für Unternehmen wahrgenommen werden. Ein Beispiel hierfür ist die EU-Entwaldungsverordnung, die einen unverhältnismäßigen Aufwand für die Unternehmen mit sich bringt. Der HDE fordert daher ein unternehmensfreundliches Regulierungsumfeld und einen Stopp nationaler Alleingänge. Zudem befürwortet der Verband eine längere Lebensarbeitszeit und lehnt Eingriffe in die Arbeit der Mindestlohnkommission ab.
Parallel dazu bewertet der HDE die von der Europäischen Kommission verabschiedeten Arbeitsprogrammpunkte zur Wettbewerbsfähigkeit, Resilienz und Regulierungsvereinfachung überwiegend positiv. In einem Bericht von HITEC Magazin wird vermeldet, dass Fitness-Checks bestehende Vorschriften auf ihre Effizienz prüfen sollen. Die Überprüfung bestehender Regulierungen wird als notwendig erachtet, besonders im Hinblick auf die Lieferkettengesetzgebung.
Die Forderungen des HDE deuten auf einen grundlegenden Reformbedarf hin, um die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu sichern und den bürokratischen Aufwand zu reduzieren.