
Am 12. Mai 2025 äußerte Bundesbankpräsident Joachim Nagel deutliche Forderungen an die Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz (CDU) hinsichtlich einer notwendigen Neuausrichtung der Wirtschaftspolitik. In seiner Stellungnahme betonte Nagel, dass es entscheidend sei, Hemmnisse zu überwinden, die das Wirtschaftswachstum in Deutschland behindern.
Besonders wichtig seien dabei Maßnahmen zur Verbesserung der Infrastruktur, der Ausbau des Arbeitskräfteangebots, die Digitalisierung sowie die Beschleunigung öffentlicher Dienstleistungen. Darüber hinaus forderte Nagel den Abbau von Bürokratie und eine Stärkung der Verteidigungsfähigkeit des Landes. In diesem Kontext lobte er die Bildung eines Sondervermögens von 500 Milliarden Euro für den Infrastrukturausbau, die am 4. März 2025 von der Union und der SPD während Koalitionssondierungen beschlossen wurde.
Details zum Sondervermögen
Das Sondervermögen soll über einen Zeitraum von zehn Jahren eingerichtet werden, wobei 100 Milliarden Euro den Ländern und Kommunen zugewiesen werden. Diese erhalten zudem erweiterte Möglichkeiten zur Aufnahme eigener Kredite. Im Hinblick auf Verteidigungsausgaben wird eine Ausnahmeregelung angestrebt, die es ermöglicht, Ausgaben über einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von den Schuldengrenzen des Grundgesetzes auszunehmen.
Allerdings verschiebt die Entscheidung über eine Reform der Schuldengrenze die Diskussion um die Finanzierung zivil und militärischer Ausgaben. Nagel betonte den Ausnahmecharakter dieser Maßnahmen und warnte, dass zusätzliche Verschuldung als einmalige Chance betrachtet werden sollte. Der Bundesrechnungshof kritisierte indessen die unzureichende Gegenfinanzierung der Bundesausgaben und wies auf die hohe Nettokreditaufnahme des Bundes hin, die im Jahr 2024 über den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts lag.
Fiskalische Verantwortung und Schuldenquote
Deutschland hat derzeit eine Schuldenquote von 63,6 % des BIP, mit einem öffentlichen Defizit von 3,6 % im Euroraum. Die EU-Fiskalregeln verlangen von Mitgliedstaaten, ihre Verschuldung mittels vierjähriger Schuldenabbaupläne zu reduzieren. Insbesondere Staaten mit einer Verschuldung zwischen 60 % und 90 % des BIP sind angehalten, diese jährlich um 0,5 Prozentpunkte abzubauen.
Nagel stellte klar, dass nicht alle Probleme mit zusätzlichen Ausgaben gelöst werden können, und forderte eine Senkung der Schuldenquote nach einer Anpassungsphase. Gleichzeitig bleibt die Verpflichtung zur Einhaltung der europäischen Fiskalregeln unverändert bestehen. Die Diskussion über die Finanzierung durch Steuern und die damit verbundenen finanziellen Belastungen für die Bürger zeigt, dass die Vereinbarung der Koalitionssondierungen nicht alle grundlegenden Probleme des Staates löst.
Deutschland hat zudem die zweithöchsten Unternehmenssteuern in der EU, was die wirtschaftliche Lage weiter kompliziert. Die Zuweisung von 100 Milliarden Euro an Länder und Kommunen wirft zusätzlich Fragen zur Kompetenzverteilung auf und beleuchtet die Herausforderungen, denen sich die Regierung gegenübersieht.
In Anbetracht der europäischen Initiativen zur Koordinierung der Rüstungsbeschaffung und der damit verbundenen Reformen wird deutlich, dass die Weichen für die Zukunft der deutschen Wirtschaft und Verteidigungspolitik aktuell entscheidend gestellt werden.
Für weitere Informationen sei auf die Berichterstattung bei TradingView und den Wirtschaftsdienst verwiesen.