
Die Deutsche Bank steht unter dem Druck, ihre digitale Transformation im Privatkundengeschäft voranzutreiben. Claudio de Sanctis, der seit Juli 2021 als Privatkundenvorstand tätig ist, sieht in der Digitalisierung eine Schlüsselstrategie, um mit Neobrokern wie Trade Republic konkurrieren zu können. Nach einem schwierigen Start aufgrund eines IT-Debakels in der Postbank hat de Sanctis erkannt, dass substanzielle Investitionen in den Kundenservice unerlässlich sind. Seit seinem Amtsantritt wurden dreistellige Millionenbeträge in diese Bereiche investiert, ermöglicht durch Kostensenkungen, Filialschließungen und einen Stellenabbau. Diese Maßnahmen sind Teil eines umfassenden Plans zur Straffung der Führungsstruktur der Bank.
Analysten von Morgan Stanley schätzen, dass das Wealth Management der Deutschen Bank eine Eigenkapitalrendite von 20 Prozent erreichen kann. Um dies zu erreichen, wurden rund 300 Private-Banking-Berater im internationalen Geschäft ausgetauscht. De Sanctis plant zudem die Schaffung einer digitalen Investitionsplattform, die in der Lage sein soll, Millionen kleinteiliger Transaktionen effizient zu verarbeiten. Dies soll vor allem den Zugang für alle Kunden zum Anlegen erleichtern, da die Bank derzeit an der Entwicklung technischer Lösungen arbeitet.
Fokus auf digitale Innovation
Der digitale Robo-Advisor „Robin“ gilt unter den Führungskräften als unzureichend, und de Sanctis sieht sich der Herausforderung gegenübergestellt, innerhalb der nächsten sechs bis zwölf Monate zu entscheiden, ob eine neue digitale Investitionsstrecke allein oder in Partnerschaft mit anderen Unternehmen aufgebaut werden sollte. Ein wichtiger Schritt in dieser Richtung könnte die Verlagerung der Online- und Mobile-Banking-Systeme in die Google Cloud sein, da die Datenspeicherung in der Cloud als notwendig erachtet wird.
Die Privatkundensparte der Deutschen Bank verzeichnete im ersten Halbjahr 2025 einen Vorsteuergewinn von 1,1 Milliarden Euro, was einen Anstieg von 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr darstellt. Trotz dieser positiven Entwicklung liegen die Kennzahlen bei einer Nachsteuerrendite von 9,5 Prozent und einer Aufwand-Ertrags-Quote von 70 Prozent unter den Zielen des gesamten Konzerns, die mehr als 10 Prozent Eigenkapitalrendite und weniger als 65 Prozent Kosten-Ertrags-Quote betragen. De Sanctis bleibt jedoch optimistisch, dass die Privatkundensparte die Konzernziele bis Jahresende erreichen kann, betont allerdings, dass fortgesetzte Investitionen für zukünftige Erlössteigerungen notwendig sind.
Persönliche Hintergründe und Einblicke in die Branche
Claudio de Sanctis ist ein erfahrener Banker, der seine Karriere bei renommierten Instituten wie UBS und Credit Suisse begann, bevor er Ende 2018 zur Deutschen Bank kam. Er hat sowohl die italienische als auch die Schweizer Staatsbürgerschaft und spricht kaum Deutsch. Dies stellt jedoch aufgrund der englischen Unternehmenssprache der Deutschen Bank kein Problem dar. Seine Eltern stammen aus Rom und Bern, und seine Mutter wuchs in den USA und Belgien auf.
De Sanctis leitet die EMEA-Region und hat die Herausforderung, in einem zunehmend komplexen und volatilen Finanzumfeld zu agieren. Er sieht Inflation, die Energiekrise und geopolitische Spannungen als wesentliche Herausforderungen an. Mit einer klaren Vision betont er die Wichtigkeit von Werten und Konsistenz bei der Rekrutierung neuer Mitarbeiter in der Bank.
Die Deutsche Bank bedient eine breite Kundenbasis, einschließlich Unternehmer in Europa sowie Kunden aus dem Nahen Osten und Lateinamerika. Die strategische Präsenz in der Schweiz bleibt entscheidend für das grenzüberschreitende Vermögensmanagement, während die Bank sich von russischen Kunden getrennt hat, was als langfristiger Prozess gilt. Trotz der verschärften Bedingungen in der Branche bleibt die Diskretion ein zentraler Wert im Vermögensmanagement.
Insgesamt positioniert sich die Deutsche Bank, unter der Führung von Claudio de Sanctis, proaktiv im sich wandelnden Finanzmarkt, wobei ein klarer Fokus auf Entwicklungen im digitalen Bereich und eine kundenorientierte Strategie gelegt werden.