
Der aktuelle EU-Bericht zu Bildungsinvestitionen hat bei Bildungsforscherin Nina Kolleck Besorgnis ausgelöst. Kolleck drängt auf eine dringende Bildungsoffensive, nachdem die Analyse offenbart, dass Deutschland mit 9,2 Prozent der öffentlichen Ausgaben hinter dem EU-Durchschnitt von 9,6 Prozent zurückbleibt. Der Bericht zeigt zudem, dass Deutschland im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt lediglich 4,5 Prozent in Bildung investiert, während der durchschnittliche Wert in der Europäischen Union bei 4,7 Prozent liegt. In der Rangliste der 27 EU-Staaten belegt Deutschland sogar nur den 23. Platz.
Staaten wie Estland und Schweden setzen den größten Teil ihrer Ausgaben in Bildung ein, während Griechenland und Italien die Schlusslichter bilden. Kolleck macht fehlende politische Weitsicht verantwortlich für den stagnierenden Bildungsbereich, da politisch Verantwortliche oft nur kurzfristige Lösungen in Betracht ziehen. Ihrer Meinung nach erfordert der Bildungssektor jedoch langfristige Investitionen, um sowohl die Qualität als auch den Zugang zu Bildungsangeboten zu verbessern.
Strukturelle Herausforderungen in Deutschland
Kolleck hebt die föderale Struktur der deutschen Bildungslandschaft als ein bedeutendes Problem hervor. Eine Zentralisierung oder eine Zuweisung zusätzlicher Kompetenzen an den Bund könnten, ihrer Meinung nach, eine positive Veränderung bewirken. Sie weist darauf hin, dass rund 70 Prozent der Bildungsausgaben in den EU-Ländern für Schulen vorgesehen sind. Deutschland muss dalam Bereich frühkindliche Bildung und Hochschulbildung dringend nachbessern.
Ein weiterer kritischer Punkt in der Analyse ist, dass mehr als 50 Prozent der Bildungsausgaben in Deutschland auf Personalkosten entfallen. Zum Vergleich: Schweden hat mit 43 Prozent den geringsten Anteil an Personalkosten, investiert jedoch 14,5 Prozent aller öffentlichen Ausgaben in Bildung. Diese Investitionen sind entscheidend, da Bildung als Motor für Wettbewerbsfähigkeit und Innovationsförderung angesehen wird.
OECD-Studie und der Fokus auf berufliche Bildung
Zusätzlich zu den Ergebnissen des EU-Berichts präsentiert die OECD in ihrer jährlichen Studie „Bildung auf einen Blick“ umfassende Daten über öffentliche und private Bildungsausgaben sowie berufliche Aus- und Weiterbildung. Der Schwerpunkt dieser Studie lag in diesem Jahr auf der beruflichen Bildung, die als Schlüssel für wirtschaftliches Wachstum gilt. Am 12. September 2023 stellte Nicola Brandt, Leiterin des OECD Berlin Centre, die deutsche Perspektive der Studie vor.
An der digitalen Pressekonferenz nahmen auch Jens Brandenburg, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung, sowie Torsten Kühne, Vorsitzender der Amtschefkonferenz der Kultusministerkonferenz (KMK) teil. Die Diskussion um die Ergebnisse verdeutlichte die Notwendigkeit, den Zugang zur beruflichen Ausbildung zu fördern, um Jugendliche besser auf die Anforderungen des Arbeitsmarktes vorzubereiten.
Diese beiden Berichte verdeutlichen den dringenden Handlungsbedarf im deutschen Bildungssystem. Kolleck und andere Experten fordern verstärkte langfristige Investitionen, um die Bildungslandschaft nachhaltig zu verbessern und der wachsenden Bildungskluft entgegenzuwirken. Während der Zugang zu Schul- und Hochschulbildung eine bedeutende Rolle spielt, wird der beruflichen Ausbildung hohe Bedeutung zugeschrieben, um die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands nachhaltig zu sichern.
Die vollständigen Ergebnisse der OECD-Studie sind in der OECD-iLibrary verfügbar. Die Herausforderungen im deutschen Bildungssystem benötigen unverzügliche Aufmerksamkeit und Unterstützung, um eine starke und informierte Gesellschaft zu schaffen.
Für weitere Informationen zum EU-Bericht zu Bildungsinvestitionen lesen Sie bitte die Analyse auf taz.de.