
Der Fachkräftemangel in Deutschland ist längst kein neues Thema. Ulrike Malmendier, Mitglied des Sachverständigenrates Wirtschaft, fordert eine umfassende Lösung, da die Politik bisher nur unzureichend auf die Problematik reagiert. Sie betont, dass am 25. Juni 2025 ein Wirtschaftsplan der Koalition vorgestellt wird, der ihrer Meinung nach nicht ausreichend auf das drängende Problem des Fachkräftemangels eingeht. Vor diesem Hintergrund sind weitreichende Maßnahmen notwendig, um die Attraktivität Deutschlands als Einwanderungsland für qualifizierte Fachkräfte zu steigern und gleichzeitig die vorhandenen Ressourcen besser zu nutzen.
Malmendier kritisiert insbesondere die hohe Teilzeitbeschäftigung von Frauen und älteren Arbeitnehmern, die ihrer Ansicht nach die Arbeitszeitstatistik verzerrt. Allein durch den Umstieg von Teilzeit auf Vollzeit könnte es gelingen, den Fachkräftemangel teilweise zu lindern. Sie hebt hervor, dass die Vollzeitbeschäftigten in Deutschland nicht zu wenig arbeiten, sondern dass die Teilzeitarbeit das grundlegende Problem darstellt. Zudem warnt sie, dass die anstehenden demografischen Herausforderungen seit 30 Jahren vorhersehbar seien und dennoch nicht strukturell angegangen werden.
Demografische Herausforderungen und Zuwanderung
Die gegenwärtige demografische Alterung der Gesellschaft bringt erhebliche Schwierigkeiten mit sich. Malmendier weist darauf hin, dass viele Babyboomer in den nächsten Jahren in Rente gehen werden, was die Situation bis 2030 oder 2035 weiter verschärfen könnte. Daher scheint es unerlässlich, die Zuwanderung von Fachkräften zu forcieren. Malmendier spricht sich dafür aus, dass Unternehmen selbst entscheiden sollten, welche ausländischen Fachkräfte sie einstellen möchten, um den spezifischen Anforderungen des Marktes gerecht zu werden.
Diese Herausforderungen werden auch im Fachkräftemonitoring des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) beleuchtet. Das Monitoring analysiert die Arbeitsmarktströme von Angebot und Bedarf bis 2028 und schätzt die Fachkräftebedarfe, Engpässe und Überschüsse in verschiedenen Berufsgruppen. Es wird darauf hingewiesen, dass die Erwerbspersonenzahl in den kommenden Jahren abnehmen wird und eine Zuwanderung sowie eine höhere Erwerbsneigung diese Lücke nicht ausreichend schließen können. Das Monitoring wird durch Faktoren wie Digitalisierung, Klimawandel und geopolitische Lagen beeinflusst und beruht auf dem Qube-Projekt, das seit 2007 durchgeführt wird.
Auswirkungen und Ausblick
Der aktuelle Strukturwandel wird durch den demografischen Wandel, die Digitalisierung und die Dekarbonisierung verstärkt. Insbesondere in der chemischen Industrie und der Automobilwirtschaft ist ein Arbeitsplatzabbau zu beobachten, während neue Beschäftigungsmöglichkeiten in der Halbleiterbranche entstehen könnten. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass die Zahl der Selbstständigen in Deutschland abnimmt, was die Unternehmensnachfolge gefährdet. Auch die hohen Abbruchquoten in Bildungseinrichtungen, insbesondere bei Personen ausländischer Nationalität, bringen Herausforderungen mit sich.
Insgesamt wird erwartet, dass in den nächsten fünf Jahren 618.000 Personen ohne Abschluss auf den Arbeitsmarkt strömen, was im deutlichen Gegensatz zu den nur 396.000 frei werdenden Helferstellen steht. Diese Diskrepanz verdeutlicht die Dringlichkeit von Maßnahmen, um das Arbeitskräftepotenzial zu erhöhen und gleichzeitig die Qualifizierung und Integration von Fachkräften zu verbessern. Malmendier hebt hervor, dass die Politik endlich handeln muss, anstatt die Probleme nur zu verdrängen, um einen nachhaltigen Lösungsansatz zu finden.