Wirtschaft

EU plant Abschwächung der Lieferkettenrichtlinie – Was bedeutet das für Deutschland?

Die Europäische Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) steht vor entscheidenden Änderungen, die sowohl Unternehmen als auch die Zivilgesellschaft polarisiert. Der EU-Rat plant, die Richtlinie zu vereinfachen, um Unternehmen zu entlasten, was jedoch auf erhebliche Kritik stößt. Laut fr.de könnte der Geltungsbereich drastisch eingeengt werden, sodass nur noch Unternehmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten und einem Nettoumsatz von 1,5 Milliarden Euro Sorgfaltspflichten einhalten müssten. Aktuell liegt diese Schwelle bei 1.000 Mitarbeitenden und einem Umsatz von 450 Millionen Euro.

Diese Reformen könnten dazu führen, dass in Deutschland lediglich etwa 276 Unternehmen zur Einhaltung von Menschenrechten sowie Umwelt- und Klimaschutz verpflichtet wären. Das bestehende deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz betrifft hingegen rund 5.500 Unternehmen. Kritiker, darunter Nele Meyer von der European Coalition for Corporate Justice, warnen vor einer massiven Deregulierung und der Missachtung demokratischer Prinzipien.

Geplanter Zeitrahmen und Anpassungen

Die EU-Kommission hatte die verschobene Anwendung der CSDDD vorgeschlagen, sodass die Richtlinie möglicherweise erst im Juli 2028 in Kraft tritt. Die Abstimmung am Dienstag wird die Position des Rates für Verhandlungen mit der EU-Kommission und dem Europaparlament festlegen. Die finale Abstimmung zur EU-Lieferketten-Richtlinie war ursprünglich für den 9. Februar 2024 geplant, musste jedoch aufgrund Deutschlands Ankündigung einer Stimmenthaltung verschoben werden, was die Gefahr einer fehlenden Mehrheit erhöhte. Deutschland enthielt sich bei einer Abstimmung, wurde jedoch überstimmt, während das EU-Parlament noch final zustimmen muss.

Im Rahmen der CSDDD sind Unternehmen künftig weniger gebunden. So soll der Passus zur CO2-Reduktion nicht mehr verlangen, dass Unternehmenspläne mit dem 1,5-Grad-Ziel des Pariser Abkommens kompatibel sind. Stattdessen werden Unternehmen nur aufgefordert, „angemessene Bemühungen“ nachzuweisen, was einen signifikanten Rückgang der Anforderungen bedeutet.

Haftung und rechtliche Aspekte

Obwohl die zivilrechtliche Haftung von Unternehmen bei Menschenrechtsverletzungen bestehen bleibt, gibt es Widerstand von einigen Mitgliedstaaten. Während Deutschland sich gegen diese Haftung ausgesprochen hat, plädieren Länder wie Frankreich und Spanien für die Beibehaltung. Das Deutsche Institut für Menschenrechte äußert sich besorgt über die drohende Abschwächung der Richtlinie und fordert die Bundesregierung auf, den menschenrechtlichen Standard zu verteidigen.

Die EU-Richtlinie sieht eine Ausdehnung der Sorgfaltspflichten auf die gesamte Wertschöpfungskette vor. Unternehmen sind verpflichtet, die Wirksamkeit ihrer Maßnahmen jährlich zu bewerten und der Öffentlichkeit über die Sorgfaltspflicht zu berichten. Zudem können Umsatz bezogene Geldbußen verhängt werden. Die genaue Höhe und zuständige Behörden werden von den Mitgliedstaaten festgelegt.

Die Neuerungen sollen die kulturelle Verankerung von Menschenrechts- und Umweltaspekten in den Unternehmenspraktiken fördern. In diesem Kontext könnte es für Unternehmen notwendig sein, die Umsetzung der neuen Regelungen zeitnah einzuleiten, um den erweiterten Pflichten gerecht zu werden. Der Zeitplan sieht vor, dass die Umsetzung in nationales Recht bis Mai/Juni 2026 abgeschlossen sein muss.
Die Anmeldung der Änderung zur Einhaltung von Menschenrechten und Umweltschutz wird für die Unternehmen zu einer wichtigen Herausforderung, um zukünftige Rechtskonflikte zu vermeiden.

Tim Meisner

Tim Meisner ist ein angesehener Wirtschaftsexperte und Analyst mit über zwei Jahrzehnten Erfahrung in der deutschen Wirtschaftslandschaft. Durch seine langjährige Tätigkeit in Deutschland hat er ein umfassendes Verständnis für lokale und nationale Wirtschaftsthemen entwickelt. Sein Fachwissen erstreckt sich von Finanzmärkten und Unternehmensstrategien bis hin zu makroökonomischen Trends. Er ist bekannt für seine klaren Analysen und durchdachten Einschätzungen, die regelmäßig in führenden Wirtschaftsmedien zitiert werden.

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