
Im Kontext der neu eingeführten Regelungen für die Bundesländer wurde im Frühjahr eine Grundgesetzänderung verabschiedet, die es diesen wieder erlaubt, reguläre Kredite aufzunehmen. Dies geschieht vor dem Hintergrund, dass die Länder insgesamt 100 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität erhalten können. Anders als der Bund müssen die Länder jedoch keine Vorgaben zur Zusätzlichkeit der Mittel befolgen. Dies sorgt für Diskussionen unter Experten, wie Sebastian Dullien vom IMK, der den fehlenden Anspruch auf zusätzlich bereitgestellte Mittel kritisiert.
Die Befürchtung ist, dass ohne klare Regeln die bereitgestellten Gelder zur Stabilisierung bestehender Strukturen verwendet werden könnten, anstatt für notwendige Investitionen. Besonders betroffen ist Bremen, das als das finanzschwächste Bundesland gilt und mit der höchsten Verschuldung zu kämpfen hat. Zukünftig darf Bremen jährlich 140 Millionen Euro an neuen Krediten aufnehmen, zusätzlich zu 400 Millionen Euro für Sanierungshilfen. Trotz dieser Erleichterungen sind die Auflagen für den Einsatz dieser neuen Mittel strenger.
Herausforderungen in den Bundesländern
Sachsen, lange Zeit bekannt für ein positives Haushaltsimage, steht vor Problemen wie Lehrermangel und maroder Infrastruktur. Unter Ministerpräsident Michael Kretschmer wird zwar mehr Geld in Bildung und Sicherheit investiert, doch lastet weiterhin der Spardruck auf dem Land. Es besteht die Gefahr, dass die 100 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen nicht als Finanzmittel für neue Investitionen dient, sondern als Ersatz für eigene Ausgaben verwendet wird.
Baden-Württemberg hingegen hat eine hohe Steuerkraft, sieht sich jedoch steigenden Personal- und Investitionslasten gegenüber. Die erwartete Zinswende könnte die finanzielle Belastung bis zum Jahr 2029 verdoppeln und stellt somit eine weitere Herausforderung dar. Die IMK-Berechnungen weisen darauf hin, dass die 500 Milliarden Euro des Sondervermögens lediglich etwa drei Viertel des tatsächlichen Investitionsbedarfs decken können.
Chancen und Risiken der Mittelverwendung
Die 100 Milliarden Euro des Bundes können für die drei Bundesländer sowohl eine Chance als auch ein Risiko darstellen: die Möglichkeit, dringend benötigte Investitionen zu tätigen, steht der Gefahr gegenüber, dass die Mittel nicht zielgerichtet eingesetzt werden. Die unterschiedlichen Herausforderungen der Länder – von Bremens akutem Sanierungsbedarf über Sachsens strukturelle Probleme bis hin zu Baden-Württembergs finanziellen Druck – verdeutlichen die Dringlichkeit einer zielgerichteten Verwendung der Gelder.
Das Grundgesetz erlaubt die Einrichtung von Sondervermögen für spezifische Zwecke, die nicht im Bundeshaushalt erscheinen und somit nicht der Schuldenbremse unterliegen. Aktuell gibt es laut Bundesrechnungshof 29 Sondervermögen mit einem Gesamtvolumen von rund 869 Milliarden Euro. Zu den bekanntesten Sondervermögen zählen der Corona-Wirtschaftsstabilitätsfonds sowie der Klima- und Transformationsfonds, der von 2024 bis 2027 insgesamt 211,8 Milliarden Euro für klimafreundliche Maßnahmen zur Verfügung stellt. Diese Mittel werden unter anderem durch Erlöse aus dem Europäischen Emissionshandel und der CO2-Bepreisung finanziert.
Die Diskussion um den Einsatz der 100 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen für die Länder bleibt somit angespannt und wird sicherlich auch in Zukunft eine zentrale Rolle in den politischen Debatten einnehmen. Es bleibt abzuwarten, wie die einzelnen Bundesländer die neuen Möglichkeiten nutzen werden und welche langfristigen Auswirkungen dies auf ihre wirtschaftliche Situation haben wird.