Stieghorst. Eines der mit Abstand üppigsten Brombeerfelder in der Innenstadt gedeiht mittlerweile in Stieghorst. Auf einer Fläche von rund 20.000 Quadratmetern haben die wildwuchernden Ranken ein Terrain erobert, auf dem eigentlich schon vor zehn Jahren die Bauarbeiten beginnen sollten für ein ambitioniertes Wohnbauprojekt. Was die hoffnungsfrohen Verkäufer der stadteigenen Fläche damals nicht ahnen konnten: Der smarte Investor namens Charles Smethurst sackte die Fläche ein und beließ es dabei, baute nichts auf der Brache, sammelte stattdessen weiter Immobilien von Kommunen und Milliarden von renditetrunkenen Anlegern.
Nach der krachenden Milliarden-Pleite ermittelt die Staatsanwaltschaft Hannover gegen den ehemaligen Geschäftsführer eines Imperiums von 200 ineinander verschachtelten Gesellschaften, und in Bielefeld rüsteten sich die Justiziare der Stadt für den finalen Rechtsstreit mit dem Pseudo-Investor Masoud Saadat, der 2018 von Smethurst eine Handvoll der Immobilien-Gesellschaften erhalten hatte, quasi als Gegenleistung für unbezahlte Rechnungen. Darunter auch zwei Brachen in Stieghorst mit den Namen 5. EP Projekt Greifswalder Straße und 17. EP Projekt Detmolder Straße.
Einigung auf Vergleich im Februar 2023
Der gegenwärtige Besitzer der beiden Flächen heißt seit zwei Jahren Anatolij Pokutnev und betreibt ein Fitness-Studio in Sangershausen. In das 25.000-Einwohner-Örtchen in Sachsen-Anhalt hat der Geschäftsführer mit den ukrainischen Wurzeln auch einige seiner Immobilien-Gesellschaften transferiert – die beiden Bielefelder „Projekte“ aber firmieren weiter in Hannover, wo das ganze Gezerre und Gezeter um die Bebauung einst begann. Fast zehn Jahre dauert der Streit, den die Stadt 2021 auf dem Klagewege für sich zu entscheiden hoffte: seitdem schickten die beauftragten Rechtsanwaltskanzleien seitenstarke Schriftsätze hin und her.
Der Graben zwischen den Kontrahenten schien unüberbrückbar wie das gegenwärtige Dickicht undurchdringlich – doch dann einigten sich die Parteien im Februar dieses Jahres plötzlich auf einen Vergleich. Möglich macht diesen Sinneswandel offenbar das Begehren einer britischen Investorin, die vor Gericht glaubhaft geltend machen wollte, dass sie ebenfalls Ansprüche habe auf die Grundstücke. Ihr Anwalt legte Beschwerde ein gegen den geschlossenen Vergleich, das Oberlandesgericht in Hamm aber wies diesen zurück – und machte damit theoretisch den Weg frei für die Rückabwicklung des Kaufvertrages zu den Konditionen des Jahres 2013. So lautet die Vereinbarung unter dem Aktenzeichen 5 O 241/21.
Damals hatte die Stadt für die zwei Hektar große Brache in Stieghorst einen Kaufpreis von rund 2,3 Millionen Euro erhalten, wobei der Bodenrichtwert bereits bei 235 Euro pro Quadratmeter lag, was einem Gesamtwert der Immobilie von 4,7 Millionen Euro entsprach. Laut dem vorliegenden Vergleich einigten sich Eigentümer (Stadt) und Besitzer (5 EP Projekt) darauf, dass die Stadt den ursprünglichen Betrag zurückzahlt und im Gegenzug die Hannoveraner Gesellschaft ihre Löschung aus dem Grundbuch veranlasst.
Bloß steht der Vollzug wohl weiterhin aus, oder aber die Überweisung, denn auf Nachfrage hieß es von der Stadt, dass es keine Veränderungen zum bisherigen Status quo gebe, alles sei weiter in der Schwebe. Zwischenzeitlich kletterte der Bodenrichtwert auf stolze 430 Euro und der Wert der Immobilie damit auf 8,6 Millionen Euro. Immobilien-Besitzer Pokutnev war für eine Stellungnahme zu seinen Absichten mit der Brombeer-Brache und der Bauvoranfrage nicht zu erreichen.
Quelle: Gemäß einem Bericht von www.nw.de
Analyse und Auswirkungen:
Die Stadt Bielefeld hatte ursprünglich geplant, eine Brache in Stieghorst für ein Wohnbauprojekt zu nutzen, aber der Investor Charles Smethurst erwarb das Grundstück und baute nichts darauf. Jahrenlang gab es einen Rechtsstreit zwischen der Stadt und Smethurst, der schließlich mit einem Vergleich endete. Dieser Vergleich wird jedoch durch die Beschwerde einer britischen Investorin angefochten. Sollte die Beschwerde abgewiesen werden, könnte der Kaufvertrag von 2013 rückabgewickelt werden und die Stadt müsste den ursprünglichen Kaufpreis von rund 2,3 Millionen Euro zurückzahlen. Der Bodenrichtwert hat sich inzwischen auf 430 Euro pro Quadratmeter erhöht, wodurch der Wert der Immobilie auf 8,6 Millionen Euro angestiegen ist.
Diese Unsicherheit bezüglich der Zukunft der Brache kann Auswirkungen auf den Immobilienmarkt in Bielefeld haben. Potenzielle Investoren könnten aufgrund der unsicheren rechtlichen Lage vorsichtiger sein und möglicherweise von Investitionen in dieses Gebiet absehen. Darüber hinaus könnte der steigende Bodenrichtwert dazu führen, dass Immobilien in der Umgebung teurer werden.
Es bleibt abzuwarten, wie der Rechtsstreit um die Brache in Stieghorst weitergeht und welche Auswirkungen dies auf den Immobilienmarkt und die Stadtentwicklung in Bielefeld haben wird.
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