Finanzen

Julius Bär unter Druck: Können EFG und neue Strategien retten?

Julius Bär, die drittgrößte Schweizer Privatbank, sieht sich einer tiefgreifenden Krise gegenüber, die durch eine erneute Wertberichtigung von 130 Millionen Franken auf ihr Kreditbuch verstärkt wird. Der Druck auf die Bank ist enorm, insbesondere nach den durch einen Kredit-Skandal verursachten Reputationsschäden, die von dem neuen CEO Stefan Bollinger adressiert werden müssen. Der Geschäftsgang ist hinter den Markterwartungen zurückgeblieben, was sich negativ auf die Aktienkurse ausgewirkt hat – diese verloren am Mittwoch zeitweise mehr als sechs Prozent, nachdem der Aktienkurs bereits nach der Veröffentlichung enttäuschender Jahresergebnisse um über 13% gefallen war. NZZ berichtet, dass die Probleme der Bank insbesondere Private-Debt-Kredite und das Hypotheken-Portfolio betreffen.

Die Finanzmarktaufsicht (Finma) hat zudem ein Verfahren gegen Julius Bär eingeleitet, das sich aus umfangreichen Ermittlungen zu den Bankoperationen ergibt. Dies geschieht vor dem Hintergrund, dass die Bank 2023 ihre gesamte Exposition von 606 Millionen Franken gegenüber der gescheiterten Immobiliengruppe Signa abschreiben musste. In Anbetracht dieser Herausforderungen plant die Bank eine strategische Neuausrichtung, die unter anderem den Abbau von etwa 400 Stellen, was rund 5% der Belegschaft entspricht, beinhaltet.

Management-Umstrukturierung und Kostensenkungsmaßnahmen

Stefan Bollinger strebt mit einer umfassenden Überholung des Managements an, den Vorstand von 15 auf 5 Mitglieder zu reduzieren, um Verantwortlichkeit und Disziplin zu fördern. Zudem ist der Rücktritt des Vorsitzenden Romeo Lacher im April bei der Jahreshauptversammlung vorgesehen. Julius Bär erwartet, durch die Kostensenkungsmaßnahmen Einsparungen von 110 Millionen Franken zu erzielen, um die finanzielle Stabilität zu verbessern und das Vertrauen der Investoren zurückzugewinnen.

Trotz dieser Schwierigkeiten verzeichnet die EFG Bank ein starkes Wachstum. Die Bank verzeichnete für die ersten vier Monate des Jahres einen Gewinn von 130 Millionen Franken und verzeichnet ein Wachstum der Kundenvermögen um fast 6 Prozent auf 159 Milliarden Franken. EFG plant eine Abschreibung von Altlasten und erwartet zudem einen außerordentlichen Gewinn von 45 Millionen Franken durch eine Versicherungsentschädigung. Dimsum Daily hebt hervor, dass EFG keine Verkaufsziele für die Mitarbeiter festlegt, um den Risiko-Appetit zu zügeln.

Ausblick und Marktposition

Die Bär-Führung betont, dass die aktuelle Wertberichtigung nicht mit den problematischen Benko-Krediten in Verbindung steht und plant neue, vorsichtigere Kriterien für die Kreditvergabe, um potenzielle Risiken zu minimieren. Die Überprüfung der Kreditqualität soll bis Ende des Jahres andauern. Die Analysten prognostizieren für 2025 eine Verlangsamung der Nettozuflüsse neuer Gelder auf etwa 3%, was die Unsicherheit über die zukünftige Wachstumsstrategie der Bank verstärkt.

Insgesamt bleibt Julius Bär mit einem verwalteten Kundenvermögen von 467 Milliarden Franken hinter Pictet und UBS, den anderen beiden großen Banken in der Schweiz. Die Abschwächung des Dollars gegenüber dem Franken hat dazu geführt, dass beide Banken weniger Kundenvermögen als im Vorjahr verwalten. Der Druck auf Julius Bär, seine Strategien zu überdenken und das Vertrauen der Kunden zurückzugewinnen, ist damit größer denn je.

Tim Meisner

Tim Meisner ist ein angesehener Wirtschaftsexperte und Analyst mit über zwei Jahrzehnten Erfahrung in der deutschen Wirtschaftslandschaft. Durch seine langjährige Tätigkeit in Deutschland hat er ein umfassendes Verständnis für lokale und nationale Wirtschaftsthemen entwickelt. Sein Fachwissen erstreckt sich von Finanzmärkten und Unternehmensstrategien bis hin zu makroökonomischen Trends. Er ist bekannt für seine klaren Analysen und durchdachten Einschätzungen, die regelmäßig in führenden Wirtschaftsmedien zitiert werden.

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert