
Finanzminister Lars Klingbeil hat in einer klaren Positionierung die Vorschläge der EU-Kommission zum neuen EU-Finanzrahmen für die Jahre 2028 bis 2035 zurückgewiesen. Dies verkündete er am Donnerstag während des G20-Treffens in Durban, Südafrika. Klingbeil erläuterte, dass die Bundesregierung an einer starken EU interessiert sei, jedoch die Finanzverhältnisse gewahrt bleiben müssen. Im Zentrum der Diskussion stehen dabei die geplante Erhöhung des EU-Haushalts auf rund zwei Billionen Euro, was eine Steigerung um etwa 700 Milliarden Euro im Vergleich zur bisherigen Budgetperiode darstellt.
Die EU-Kommission, unter der Leitung von Präsidentin Ursula von der Leyen, schlägt unter anderem eine neue Unternehmensbesteuerung vor, die eine zusätzliche Abgabe für Unternehmen mit einem Umsatz von über 50 Millionen Euro vorsieht. Klingbeil, der diesen Vorschlag als kontraproduktiv bezeichnet, betont, dass eine solche Abgabe die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und der EU als sicheren Hafen für Investitionen gefährden könnte. Er verweist auf den starken Widerstand von Wirtschaftsverbänden sowie von der CDU/CSU.
Widerstand gegen zusätzliche Abgaben
Regierungssprecher Stefan Kornelius hatte bereits am Mittwochabend die Haltung der Bundesregierung deutlich gemacht. Er erklärte, dass ein umfassender Aufbau des EU-Haushalts in einer Phase nationaler Haushaltskonsolidierung nicht vermittelbar sei. Kornelius betonte zudem die Notwendigkeit, die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu verbessern und verteidigungsbereit zu werden. Die Ablehnung der Unternehmensbesteuerung wird durch Kritik von Branchenvertretern, wie der VDA-Präsidentin Hildegard Müller, untermauert, die warnte, dass solche zusätzlichen Abgaben die Wettbewerbsfähigkeit schwächen könnten.
Hervorzuheben ist die geplante Staffelung der Abgaben für Unternehmen mit unterschiedlichen Umsatzbereichen. So sollen beispielsweise Unternehmen mit einem Umsatz zwischen 100 und 249 Millionen Euro eine Abgabe von 100.000 Euro zahlen, während die Stufen bis zu 750.000 Euro für Unternehmen mit einem Umsatz von 750 Millionen Euro und mehr reichen. Diese Vorschläge sollen jährlich Einnahmen von etwa 58,5 Milliarden Euro generieren, was auf eine zusätzliche Belastung für viele Unternehmen hinausläuft.
Forderungen nach einem alternativen Ansatz
Der Bundesverband der deutschen Industrie (DIHK) fordert eine Förderung der Unternehmen statt zusätzliche Abgaben. Auch die Kritik aus der Umweltbewegung ist lautstark: Der BUND bezeichnet den Vorschlag als „Nullnummer für Naturschutz“ und kritisiert das Fehlen finanzieller Zusagen zur Unterstützung von Naturschutzmaßnahmen. Zudem warnte der WWF vor den negativen Auswirkungen möglicher Kürzungen für Klima- und Naturschutz auf die Krisenbewältigung.
Die Verhandlungen über die EU-Finanzen müssen von den 27 EU-Regierungen einstimmig beschlossen werden und erfordern eine Einigung mit dem EU-Parlament. Die Bundesregierung sieht den Reformansatz und die Ausrichtung des Haushalts auf neue Prioritäten als richtig an, wird jedoch den gegenwärtigen Vorschlag nicht akzeptieren können. Angesichts der Komplexität wird mit langwierigen Verhandlungen bis 2027 gerechnet.
Insgesamt wird deutlich, dass die zukünftigen EU-Finanzen in einem Spannungsfeld von nationalen Interessen und den gemeinsamen Zielen der EU stehen, was die kommenden Gespräche umso fragiler gestaltet.
Für weitere Informationen siehe Junge Welt und RP Online.