
Der Berliner Bezirk Lichtenberg, der seit den 90er Jahren oft als „Nazibezirk“ bezeichnet wird, steht im Fokus von politischen Initiativen zur Bekämpfung der rechtsextremen Gewalt. Nach einer Reihe rechtsextremer Übergriffe, darunter ein mutmaßlicher Angriff auf einen Bürgerdeputierten, haben Linke, SPD und Grüne einen gemeinsamen Antrag an das Bezirksamt vorbereitet. Dieser sieht die Einrichtung eines Runden Tisches vor, um gegen rechtsextreme Strukturen vorzugehen und zivilgesellschaftliches Engagement zu fördern, nachdem der Bezirk in der Vergangenheit als Hotspot für Neonazi-Aktivitäten galt, die bis in die frühen 2000er Jahre andauerten, berichtet der Tagesspiegel.
Bei den jüngsten Vorfällen in Lichtenberg wurden unter anderem Drohbriefe gegen Lasko Schleunung, einen 18-jährigen Sprecher der Linksjugend, verschickt, und er wurde zudem körperlich angegriffen. Der Übergriff, der Ende Mai stattfand, endete mit einer Behandlung im Krankenhaus. Die Polizei und der Staatsschutz wurden auf die Drohungen aufmerksam gemacht, da die emotionalen Attacken auf politische Gegner in der Region zunehmen. In diesem Kontext plant das Bezirkspolitiker-Team eine Sitzung im Rahmen der nächsten Bezirksverordnetenversammlung am 19. Juni.
Geschichte der rechtsextremen Strukturen
Die rechtsextremen Strukturen in Lichtenberg sind nicht neu; sie sind Teil der Geschichte des Bezirks, der auch nach der Wende von Neonazis geprägt wurde. Diese organisierten sich in Kameradschaften und strebten durch verschiedene Initiativen, wie die „Nationale Alternative“, eine Präsenz im Bezirk an. Trotz parteipolitischer Bemühungen, rechte Strukturen zurückzudrängen, demonstrieren aktuelle Vorfälle, dass die Herausforderungen weiterhin bestehen. Ein Bericht hebt hervor, dass 2024 insgesamt 723 rechtsextreme und rassistische Vorfälle in Lichtenberg dokumentiert wurden, wobei ein Drittel dieser Vorfälle im Bezirksteil Hohenschönhausen stattfand, so der FU Berlin.
In den letzten Wochen wurden in Neu-Hohenschönhausen rechtsextreme Sticker sowie Graffiti entdeckt, und vor Wohnungen muslimischer Familien fanden sich rassistische Handzettel, was die Besorgnis über den zunehmenden Rechtsextremismus in der Region weiter verstärkt. Die Entwicklung hatte bereits ihre Wurzeln in den 90er Jahren, als Lichtenberg als Hochburg der Neonaziszene galt und zahlreiche Übergriffe auf geflüchtete Menschen verzeichnet wurden.
Politische Reaktionen und Präventionskonzept
Angesichts dieser bedrohlichen Situation fordern lokale Politiker die Erstellung eines Präventionskonzepts, um junge Menschen vor der Anwerbung durch rechtsextreme Gruppierungen zu schützen. Der Antrag zur Schaffung eines „Runden Tisches Hohenschönhausen“ soll dazu dienen, die Vernetzung gegen rechte Strukturen zu fördern und weitere zivilgesellschaftliche Aktivitäten zu unterstützen.
Der Bezirk Lichtenberg hat in der Vergangenheit bereits durch das Engagement der Antifaschistischen Vernetzung Lichtenberg (AVL) Schritte zur Bekämpfung der rechten Szene unternommen. Trotz der Herausforderungen und der fortdauernden Bedrohungen stellen sich viele Bürger gegen die anhaltende Intoleranz und zeigen ihre Solidarität mit den Opfern rechter Gewalt.