
Angesichts der geopolitischen Spannungen und der anhaltenden Diskussion um die Sicherheit in Europa plant die Bundesregierung massive Investitionen in die Bundeswehr. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, die deutsche Wirtschaft aus der Rezession zu führen und gleichzeitig die politische Legitimation zu stärken. Um diese Ziele zu erreichen, sollen die Ausgaben für Sicherheit und Verteidigung auf bis zu 5% des Bruttoinlandsprodukts erhöht werden. Die aktuellen Entwicklungen zeigen, dass militärische Aufrüstung auch von vielen anderen europäischen Staaten verfolgt wird, insbesondere seit dem russischen Angriff auf die Ukraine im Jahr 2022. [freitag.de] berichtet, dass diese Investitionen neue Arbeitsplätze schaffen und das Wirtschaftswachstum ankurbeln sollen.
Eine Studie von Tom Krebs und Patrick Kaczmarczyk von der Universität Mannheim äußert jedoch Zweifel an der Wirksamkeit dieser Maßnahmen. Der sogenannte Fiskalmultiplikator für Rüstungsinvestitionen liegt lediglich bei maximal 0,5, wahrscheinlich sogar darunter. Dies bedeutet, dass die breite Bevölkerung kaum von den Investitionen in den Rüstungssektor profitiert, während die Rüstungsindustrie von neuen Aufträgen profitieren könnte. Zudem könnten Investitionen in Bildung, Infrastruktur und Kinderbetreuung laut der Studie weitaus mehr Wertschöpfung erzeugen. Damit wird deutlich, dass jeder Euro, der in Rüstungsinvestitionen fließt, in sozialen Bereichen und Infrastrukturprojekten fehlt.
Wachstumseffekte und deren Grenzen
Der Kiel Report, verfasst von Ethan Ilzetzki, Professor an der London School of Economics, unterstreicht die politischen Implikationen dieser Verteidigungsausgaben. Er betont, dass höhere Verteidigungsausgaben nicht zwangsläufig zu einem Rückgang des privaten Konsums führen, sondern dass der Erfolg der Regierungen, private Wirtschaftstätigkeit aufrechtzuerhalten, von verschiedenen Faktoren abhängt. Steigende Militärausgaben, die durch höhere Steuern finanziert werden, könnten jedoch das BIP-Wachstum negativ beeinflussen, was die Diskussion um Finanzierung und Prioritäten verschärft. [ifw-kiel.de] hebt hervor, dass es für Regierungen entscheidend sein könnte, mehr Schulden aufzunehmen, um vorübergehende Mehrausgaben zu finanzieren.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der technologische Spillover, der durch die heimische Rüstungsproduktion entstehen könnte. Rund 80 Prozent der aktuellen Militärausgaben stammen von Unternehmen außerhalb der EU, was einen Anreiz zur Stärkung der heimischen Industrie schafft. Moritz Schularick, Präsident des IfW Kiel, betont, dass die Entwicklung neuer Rüstungstechnologien in Europa langfristige wirtschaftliche Effekte haben könnte, die über kurzfristige fiskalische Vorteile hinausgehen.
Langfristige Perspektiven und Empfehlungen
Die aktuelle Situation erfordert eine Neuausrichtung der europäischen Forschungs- und Entwicklungspolitik. Der Bericht zeigt, dass die USA etwa 16 Prozent ihrer Militärausgaben für Forschung und Entwicklung bereitstellen, während die EU lediglich 4,5 Prozent investiert. Eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben von 2 Prozent auf 3,5 Prozent des BIP würde rund 300 Milliarden Euro pro Jahr kosten, könnte jedoch ähnliche private Wirtschaftstätigkeit erzeugen. Zudem wird empfohlen, dass alle europäischen Regierungen ihre Militärausgaben auf EU-Ebene organisieren und gemeinsam finanzieren sollten, um Wettbewerb und Fachwissen zu fördern.
Zusammenfassend wird klar, dass der Ansatz der Bundesregierung zur Erhöhung der Rüstungsinvestitionen ein zweischneidiges Schwert ist. Einerseits könnte dies kurzfristig Arbeitsplätze schaffen und das Wirtschaftswachstum unterstützen, andererseits warnt die Forschung vor den negativen sozialen und wirtschaftlichen Folgen dieser Politik.