
Die Tarifverhandlungen in der Obst- und Gemüseindustrie Mecklenburg-Vorpommern sind derzeit ins Stocken geraten. Wie Nordkurier berichtet, endete die zweite Verhandlungsrunde am 8. Mai 2025 ohne Ergebnis, was die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) dazu veranlasste, zu Warnstreiks aufzurufen. Ein geplanter Warnstreik am Freitag, dem 23. Mai 2025, wird rund 200 Beschäftigte des Pfanni-Werks der Firma Aviko Rixona in Stavenhagen auf die Straße bringen.
Der Warnstreik beginnt um 5:30 Uhr und endet um 14:45 Uhr. Zudem ist von 5:30 bis 8 Uhr eine Demonstration vor dem Werk vorgesehen. Die Arbeitgeber bieten eine Lohnerhöhung von lediglich 2,6 Prozent für 2025 sowie 2,3 Prozent für 2026 an. Die NGG beurteilt dieses Angebot als unzureichend und äußert die Befürchtung, dass die Unterschiede in den Löhnen zwischen Ost- und Westdeutschland weiterhin bestehen bleiben. Jörg Dahms, Geschäftsführer der NGG-Region Mecklenburg-Vorpommern, betont, dass die Lohnlücken dringend geschlossen werden müssen.
Die historische Lohnkluft zwischen Ost und West
Der Kampf für faire Löhne steht in einem größeren Kontext, denn die Lohnunterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland sind nach wie vor gravierend. Laut WSI verdienen Beschäftigte im Osten bis zu 900 Euro weniger pro Monat als ihre Kollegen im Westen. Trotz gewerkschaftlicher Fortschritte und steigender Löhne bleibt Lohngleichheit ein drängendes Thema, 30 Jahre nach der Wiedervereinigung. Insbesondere in der ostdeutschen Ernährungswirtschaft führt die NGG eine Tarifkampagne mit dem Ziel der Lohnangleichung.
Seit dem Fall der Berliner Mauer 1989 und dem Beginn der Tarifverhandlungen in den neuen Bundesländern Ende 1990 gab es mehrere wageorientierte Fortschritte. Während 1990 die meisten Tarifverdiener im Osten nur 50 Prozent oder weniger des Westniveaus erreichten, stieg dieses Niveau bis 1997 auf etwa 90 Prozent. Doch nach 1995 verlief die tarifpolitische Entwicklung weniger dynamisch.
Aktuelle Herausforderungen in der Tarifpolitik
Die politischen Rahmenbedingungen für eine Einigung sind nach wie vor herausfordernd. Die tarifpolitische Entwicklung ist durch sinkende Tarifbindung und eine immer noch spürbare Lohnmauer gekennzeichnet. Aktuell liegt die Tarifbindung in Ostdeutschland bei nur 45 Prozent und nur 9 Prozent der Betriebe in der Privatwirtschaft haben einen Betriebsrat. Die NGG-Kampagne „Wir reißen die Lohnmauer ein!“ steht beispielhaft für die aktive Tarifpolitik, die notwendig ist, um faire Arbeitsbedingungen durchzusetzen.
Die nächste Verhandlungsrunde findet am 16. Juni 2025 statt. Bis dahin bleibt abzuwarten, ob es zu einer Einigung kommen wird, die den Erwartungen der Beschäftigten gerecht wird und die Lohnunterschiede zwischen Ost und West endlich verringert.