Europäische Aktienmärkte rücken ins Visier
Die Anleger setzen darauf, dass Europa die nächste Etappe der globalen Aktien-Rally anführen wird, und weiten ihre Wetten aus, während teure US-Aktienmärkte die Erinnerungen an die Dotcom-Blase wachrufen.
Nach Angaben der Goldman Sachs Group sind Hedgefonds im Vergleich zur globalen MSCI-Benchmark nun so stark wie nie zuvor in europäischen Aktienmärkten engagiert. Laut einer aktuellen Umfrage der Bank of America haben auch Investmentfonds ihre Allokation in Aktien der Region so stark erhöht wie seit Juni 2020 nicht mehr.
Die Aussicht auf eine Outperformance Europas gegenüber den US-Aktien hat durchaus ihre Berechtigung“, sagte Paul Brain, stellvertretender Chief Investment Officer of Multi-Asset bei Newton Investment Management, in einem Interview in London. „Die großen US-Technologiewerte scheinen mittlerweile ein Best-Case-Szenario voll eingepreist zu haben. Sie könnten nach der massiven Rally mit Gegenwind durch Wettbewerb und Regulierung konfrontiert werden.“
Europa: Aktien günstig im Vergleich zu US-Werten
Die Allokation der Hedgefonds in Europa gegenüber dem MSCI All-Country World Index erreichte letzte Woche mit einer Übergewichtung von 5,8 % den höchsten Stand seit Beginn der Aufzeichnungen, so die Daten von Goldman Sachs.
Trotz der Kursgewinne in Europa in diesem Monat erscheint der Stoxx 600 Index als Benchmark immer noch günstig. Sein voraussichtliches 12-Monats-Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von etwa 14 liegt nur geringfügig über seinem langfristigen Durchschnitt, wie aus den von Bloomberg zusammengestellten Daten hervorgeht. Im Gegensatz dazu befindet sich der S&P 500 Index im teuren Bereich, selbst wenn man die hoch bewerteten Technologiewerte ausklammert.
Die stärkere Gewichtung der zyklischeren Sektoren in Europa könnte sich zu seinen Gunsten auswirken, da Volkswirtschaften wie Deutschland und das Vereinigte Königreich einer längeren Rezession entgehen dürften und das globale Wachstum anzieht. Eine Lockerung der Zinssätze könnte ebenfalls hilfreich sein.
Alles Long oder was?
Ein drastischer Rückgang der Short-Positionen zeigt laut S&P Global auch, dass sich die Stimmung gegenüber den europäischen Aktienmärkten verbessert. Die geschätzten Short-Positionen in der Region wurden Ende letzten Jahres auf weniger als 0,2 % der gesamten Marktkapitalisierung gesenkt, den niedrigsten Stand seit mindestens einem Jahrzehnt. Seitdem sind sie in der Nähe dieses Niveaus geblieben.
Das EMEA iShares Team von BlackRock, zu dem Karim Chedid und Laura Cooper gehören, sieht Anzeichen dafür, dass Kundengelder wieder nach Europa zurückfließen.
„Wir haben uns aus einer taktischen Momentum-Perspektive auf Europa gestützt“, sagten sie in einem Interview. „Wir sehen einige Mittelzuflüsse, auch von US-Anlegern, sodass sich die europäischen Aktienmärkte warmgelaufen haben.“