
Die Europäische Kommission hat heute die Frühjahrs-Konjunkturprognose veröffentlicht und die wirtschaftlichen Aussichten für Europa als unsicher eingestuft. Besonders betroffen ist Deutschland, die größte Volkswirtschaft der EU, die voraussichtlich in diesem Jahr kein Wachstum verzeichnen wird – die Prognose sieht genau 0% bis Ende des Jahres vor. Dies stellt einen Rückschritt dar, denn zuvor wurde ein moderates Wachstum von 0,7% erwartet. Erst im Jahr 2026 soll es wieder zu einem Wachstum von 1,1% kommen, während sich die deutschen Exporte im dritten Jahr in Folge um fast 2% verringern werden. Diese Entwicklung ist vor allem auf einen strukturellen Verlust von Marktanteilen im Export nach China zurückzuführen, der unter anderem durch einen geringeren Absatz von Autos geprägt ist. Dies berichtet die Süddeutsche Zeitung.
Die Unsicherheit auf den Märkten wird durch den anhaltenden Handelskonflikt zwischen der EU und den USA verschärft. US-Präsident Donald Trump hat Zölle von 25% auf Stahl- und 10% auf Autoimporte aus der EU verhängt. Deutschland hat hierunter besonders zu leiden, da es am meisten von diesen Zöllen betroffen ist. Die EU-Kommission rechnet damit, dass das Wachstum in der Eurozone im Durchschnitt auf 1,1% sinken wird, was 0,4% weniger ist als zuvor angenommen. Kleinere und wirtschaftlich schwächere Mitglieder der Union tragen erheblich zu diesem Rückgang bei.
Fiskalische Auswirkungen
Die geänderte Prognose hat direkte Auswirkungen auf die Schuldenquote und das Haushaltsdefizit Deutschlands. Es wird erwartet, dass die Schuldenquote auf 65% steigen wird. Um dieser Situation entgegenzuwirken, hat die Bundesregierung die Aussetzung der Schuldenbremse beschlossen und plant ein Sondervermögen von 500 Milliarden Euro. Diese finanzielle Flexibilität könnte die Wachstumsrate bis 2029 um 1,25% und bis 2035 um 2,5% erhöhen, vorausgesetzt, das Geld wird produktiv investiert. Die EU-Wirtschaftskommissar Valdis Dombrovskis hat Gespräche mit Berlin über die Staatsfinanzen angekündigt, um eine Erhöhung der Staatsausgaben zu fördern, die auch anderen europäischen Ländern zugutekommen soll. Bundeskanzler Friedrich Merz und Vize Lars Klingbeil werden aufgefordert, gezielt Investitionen zu fördern.
Einen Handelsstreit abwenden
Zusätzlich zu den wirtschaftlichen Herausforderungen sieht sich die EU mit dem Risiko konfrontiert, dass im Handelskonflikt mit den USA weitergehende Zölle verhängt werden könnten. Der EU-Handelskommissar Maros Sefcovic besucht derzeit Washington, um einen Handelsstreit abzuwenden und angedrohte Zölle auf deutschen Stahl, italienische Sportwagen und französische Medikamente zu verhindern. Sefcovic betont die negativen Konsequenzen von Zöllen auf Unternehmen und Arbeitnehmer beider Seiten und plädiert vielmehr für den Ausbau der Geschäftsbeziehungen. Ein zentraler Punkt ist, dass die USA ihre Fördermengen von Flüssiggas erhöhen wollen, während die EU alternative Energiequellen sucht, um Abhängigkeiten von Russland zu verringern.
Die Handelsbeziehungen sind von großer Bedeutung, da die USA der zweitgrößte Markt für EU-Fahrzeugexporte nach dem Vereinigten Königreich sind. Das gemeinsame Handelsvolumen zwischen der EU und den USA beläuft sich auf beeindruckende 4,5 Milliarden Euro pro Tag. Trotzdem beklagt Donald Trump eine „unfaire“ Handelsbilanz, da die USA jährlich 200 Milliarden Euro weniger nach Europa exportieren. Um dem entgegenzuwirken, könnte die EU versuchen, ihre Handelsbilanz auszugleichen, um ihre Exporte zu schützen und die Rückgänge ihrer Handelsüberschüsse hinauszuzögern. Zudem könnten Waffenlieferungen ein weiteres Geschäftsfeld darstellen, da Deutschland im Jahr 2022 Rüstungsverträge im Wert von 23 Milliarden Euro mit den USA abgeschlossen hat. Über all diesen Herausforderungen schwebt der Gedanke an eine mögliche Allianz zwischen EU und USA im globalen Wettbewerb mit China, um sich gegen nicht-marktwirtschaftliche Praktiken zu positionieren. Dies berichtet Tagesschau.