
Mehr als 40 Spitzenmanager europäischer Unternehmen haben sich in einem offenen Brief an Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, gewandt. In diesem Schreiben äußern sie besorgte Stimmen über die bevorstehenden Regelungen zur Künstlichen Intelligenz (KI) in der Europäischen Union. Diese Warnungen beziehen sich insbesondere auf die Komplexität der Regulierungen, die die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen gefährden könnten. Die Manager fordern eine Verschiebung der Umsetzung des neuen KI-Gesetzes, bekannt als AI Act, um zwei Jahre, um den Unternehmen mehr Zeit zur Anpassung zu geben, wie sueddeutsche.de berichtet.
Unter den Unterzeichnern des Briefes sind namhafte Unternehmen wie Lufthansa, Mercedes-Benz und Philips. Diese Kritiker aus der Tech-Branche beschreiben den AI Act als bürokratisch und innovationsfeindlich. Die Anliegen der Manager sind in einem breiteren Kontext zu sehen: Während die EU-Kommission an einem freiwilligen Verhaltenskodex für Basismodelle wie GPT-4, Gemini oder Llama arbeitet, der bis August 2023 vorliegen soll, wächst die Sorge über die Auswirkungen solcher Regelungen auf die Innovationskraft der europäischen Unternehmen.
Der AI Act: Risiken und Chancen
Der AI Act zielt darauf ab, die Künstliche Intelligenz umfassend zu regulieren, indem er bestimmte Anwendungen, die als unvereinbar mit den europäischen Werten gelten, verbietet. Dazu gehören unter anderem Social Scoring und Emotionserkennung am Arbeitsplatz. Ursula von der Leyen betont, dass dieser Regelungsrahmen letztlich die Wettbewerbsfähigkeit Europas im Bereich der KI erhöhen soll. Gleichzeitig äußert auch Emmanuel Macron Bedenken, dass zu strenge Maßnahmen dazu führen könnten, dass Europa hinter internationalen Konkurrenten zurückfällt, wie in einem ergänzenden Bericht von faz.net dargelegt wird.
Eine der zentralen Absichten des AI Act ist es, das Vertrauen der Bevölkerung in KI-Anwendungen zu stärken. Dies soll einen Wettbewerbsvorteil für die europäische Wirtschaft schaffen. Dennoch zeigen Studien, dass europäische KI-Anbieter, verglichen mit US-Konkurrenten wie OpenAI/Microsoft, Google und Meta, in der generativen KI nur schwach aufgestellt sind. Anbieter wie Mistral AI befinden sich im Mittelfeld, während Aleph Alpha die Entwicklung eines eigenen Sprachmodells eingestellt hat.
Regulatorische Hürden und ihre Auswirkungen
Unternehmen, die generative KI nutzen wollen, müssen neue Fähigkeiten entwickeln und sich als Betreiber positionieren. Unklare Anforderungen an Schulungsmaßnahmen könnten dazu führen, dass Unternehmen zögern, KI zeitnah einzusetzen. Der AI Act birgt damit ähnliche Risiken für die Wettbewerbsfähigkeit wie die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Laut einer Bitkom-Studie werden rechtliche Einschränkungen und Datenschutzanforderungen als bedeutende Hürden wahrgenommen. Um Unternehmen die Angst vor regulatorischen Folgen zu nehmen, wird ein pragmatischer Umgang mit dem AI Act empfohlen; dazu könnten kürzere Schulungen und weniger bürokratische Anforderungen für kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) gehören.
Im Kontext dieser Entwicklungen wird deutlich, dass die Künstliche Intelligenz sowohl als große Chance für die Wirtschaft betrachtet wird. Dennoch bestehen erhebliche Herausforderungen, insbesondere für europäische Anbieter, die es schwer haben werden, den Vorsprung der US-Technologiegiganten aufzuholen. Der AI Act bewegt sich somit in einem Spannungsfeld zwischen dem notwendigen Innovationsschutz und der Ermöglichung eines florierenden Wettbewerbs.